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"Im Ausland gibt es nicht die Lehrangebote, die in unseren verschulten Studienplänen verlangt werden." (Sigrid Maurer)

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Sigrid Mauerer, Vorsitzende der Österreichischen Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft (ÖH), Bundesvertretung.

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Gerhard Volz, Bereichsleiter/ Head of Area bei Erasmus.

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Heinz Kasparovsky, Abteilungsleiter für Internationales Hochschulrecht im Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung sowie Leiter des Informationsbüros für akademische Anerkennung (ENIC NARIC AUSTRIA).

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"Wir haben noch nicht so viel Erfahrung mit der Degree-Mobilität (Anm.: Mobilität nach dem Bachelor zum Erwerb des Master-Titels), weil das Bachelor-Master-System noch nicht lange existiert", erklärt Sigrid Mauerer, Vorsitzende der Österreichischen Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft (ÖH), Bundesvertretung. "Aber wir wissen, dass die Studierenden große Probleme mit der Anerkennung von Lehrveranstaltungen haben."

An einem anderen Studienort auf einen Titel aufzubauen sei im Ausland einfacher als im Inland. "Das liegt vor allem daran, dass es im Ausland nicht die Lehrangebote gibt, die in unseren verschulten Studienplänen verlangt werden."
Wer Österreich-intern nach dem Bachelor seinen Master an einem anderen Institut oder an einer anderen Universität machen will, muss oft Lehrveranstaltungen nachholen. Maurer betont, dass das zwar früher auch nicht anders gewesen sei, doch gehe das heute nicht Konform mit den Bologna-Mobilitätsbestimmungen.

Gegen die Bologna-Richtlinien

Als "besonders krass" definiert Maurer die qualitativen Zugangsbeschränkungen, die in der Universitätsgesetznovelle von Juni 2009 verankert sind und den Bologna-Richtlinien extrem widersprechen würden. Die österreichischen Universitäten sagen: "Das ist nicht exakt unser Bachelor, auf den der Master aufgebaut werden soll."
Diese Diskrepanz ist nach Maurer dem Wissenschaftsministerium unter Johannes Hahn zu verdanken. "Er hatte Interesse an möglichst vielen Bachelor-Absolventen und vertrat die Ansicht, der Master solle nur den Besten vorbehalten sein." So habe Hahn gewollt, dass ein Großteil der Bachelor-Absolventen arbeiten geht und Jahre später berufsbegleitend den Master macht. Dieses Thema diskutiert die ÖH heute mit Wissenschaftsministerin Beatrix Karl neu.

Erasmus für den Master?

"Die Möglichkeit der seit 2007 zusätzlich zu Studienaufenthalten angeboten Erasmus-Praktika werden zwar sehr gut angenommen, aber nicht zu verhehlen ist die Tatsache, dass es Studierenden mit der Gestaltung der neuen Bachelor-Curricula oft tatsächlich nicht leichter gemacht wird, ins Ausland zu gehen", weiß Gerhard Volz, Erasmus-Bereichsleiter.

Bei FH-Studien habe das von Anfang an gut funktioniert, weil diese von jeher mit den Titeln Bachelor und Master gearbeitet hätten. Dagegen herrsche bei den herkömmlichen Titeln (noch) sehr oft der Druck, möglichst alle Inhalte des alten, in der Regel mindestens acht Semester dauernden Diplomstudiums in einem sechs Semester dauernden Bachelor unterzubringen.

"Entwickeln wir formal dieselbe Struktur"

Der Grundgedanke von Bologna war: "Entwickeln wir formal dieselbe Struktur", setzt Heinz Kasparovsky, Abteilungsleiter für Internationales Hochschulrecht im Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung (BMWF) sowie Leiter des Informationsbüros für akademische Anerkennung (ENIC NARIC AUSTRIA) an der Basis an.

Da die Studienpläne nicht mehr international genormt seien, habe es eines Anerkennungsverfahrens bedurft. "Das ist für die Studierenden nicht immer befriedigend", weiß Kasparovsky, weshalb ein Gesetz erlassen wurde, dass ein an einer bestimmten Universität innerhalb eines Studiums abgelegtes Fach auch dann an einer anderen Universität anerkannt wird, wenn es nur kleine inhaltliche Differenzen gibt.

Mit den Augen der Studierenden

Im Rahmen von Bologna erfolgte die Empfehlung des BMWF an die Universitäten, Module einzuführen, die das Studium in weder zu große, noch zu kleine Einheiten gliedern: Das European Credit Transfer System (ECTS) soll sicherstellen, dass die Leistungen von Studierenden an Hochschulen des Europäischen Hochschulraumes vergleichbar und bei einem Wechsel von einer Hochschule zur anderen grenzüberschreitend anrechenbar sind.

"Der Ansatz des ECTS ist, das Studium mit den Augen der Studierenden zu sehen", betont Kasparovsky. Mit dem Punktesystem würden tatsächlich erbrachte Leistungen der Studierenden berücksichtigt und die Partner-Uni im Ausland wisse: "Der Studierende hat seine Punkte gemacht." Das bedeute nicht, dass ein Fach inhaltlich deckungsgleich sein müsse, doch der Arbeitsaufwand sei transparent.

"Tools" nutzen

"Bologna ist kein Automat, in den ich eine Münze rein werfe und er löst alle Probleme, aber es ist ein mögliches Instrument zur internationalen Angleichung", legt der Ministerialrat den Universitäten und Studierenden die aktive Nutzung einiger "Tools" ans Herz - etwa das Service der Studierenden-Anwaltschaft, die mediatorisch zwischen Universitäten und Studierenden vermittelt. Oder den Vorausbescheid, der ein schriftliches und rechtlich bindendes Instrument zur Anerkennung von Auslandsstudien in Österreich und eine verbindliche Zusicherung der Universität ist: "Wenn ich zurückkomme, wird mir alles angerechnet."
Da der Vorausbescheid einem Teil der Studierenden noch nicht bekannt ist, empfiehlt Kasparovsky, sich vor einem Auslandsaufenthalt zu erkundigen: "Was wird dort angeboten? Was möchte ich belegen? Und was wird bei uns angerechnet?" (Eva Tinsobin, derStandard.at, 22.2.2010)