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Textilunternehmer-Erbe und Tierschützer Hans Palmers (mitte): "Wenn wir versuchen, solche Leute mundtot zu machen und vor Gericht schleppen - unter, soweit ich das beurteilen kann, fragwürdigen Methoden, rüttelt das an den Grundpfeilern unserer Demokratie."

Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

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Unter anderem haben sich selbst angezeigt  (von li nach re) Tierschutzvereinspräsidentin Madeleine Petrovic, Heinrich Wagner, Hans Palmers und Schwester Theresia während  der Pressekonferenz zum Thema "... Dann zeige ich mich hiermit wegen Übertretung von 287ß selbst an"

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220 Prominente haben sich bei der Staatsanwaltschaft Wien selbst angezeigt, weil sie gegen den "Antimafia"-Paragrafen 278A verstoßen hätten. Die Aktion ist eine Solidaritätserklärung mit den 13 Tierschützern, die am 2. März in Wiener Neustadt unter anderem wegen Verstoßes gegen diesen Paragrafen vor Gericht stehen werden.

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Wien - Die 13 Tierschützer, die sich nach jahrelangen Ermittlungen ab 2. März im Landesgericht Wiener Neustadt verantworten müssen, erhalten Schützenhilfe: 220 Prominente, Aktivisten und Privatpersonen, die einen Angriff auf Demokratie und Rechtsstaat sehen, haben sich aus Protest selbst angezeigt. Ihre Kritik richtete sich gegen den Anklagepunkt nach Paragraf 278a - der Beteiligung an einer kriminellen Organisation. Laut Staatsanwaltschafts-Sprecher Erich Habitzl sind noch keine Selbstanzeigen aufgetaucht. Auch bei der Wiener Behörde sollen am Mittwoch noch keine der 220 Selbstanzeigen vorliegen, erklärte Sprecher Gerhard Jarosch. Damit einer Selbstanzeige nachgegangen werde, müsse jedenfalls eine Beschreibung des Tatbestandes vorliegen, betonte er. Eine bloße Solidaritätserklärung reiche nicht.

Durch Engagement ebenfalls schuldig gemacht

Am Montag wurden die 220 Selbstanzeigen an die Staatsanwaltschaft Wien übermittelt. Die Anschuldigung gegen die 13 Tierschützer seien so vage, dass sie auf jeden Unterstützer einer Bewegung angewandt werden könne, erklärten die Selbstanzeiger am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Wien. Insofern habe man sich durch das eigene Engagement ebenfalls schuldig gemacht.

Umkehr der Täter-Opfer Rolle

Darunter auch jene des Schauspielers Hubsi Kramar sowie des Liedermachers Sigi Maron, die bei der Pressekonferenz schriftliche Statements übermittelten: "Eine Umkehr der Täter-Opfer Rolle hat ja in Österreich Tradition und ist besonders beliebt", kritisierte Kramer. Das Bedrohliche sei für ihn, gegen wen der Paragraf angewandt werde.

Brief an die Justizministerin

"Ich habe einen persönlichen Brief an die Justizministerin geschrieben, mit der Frage, wie sie mein Verhalten beurteilt und was ich tun soll. Denn ich habe auch in Zukunft vor mich an Kampagnen zu beteiligen", erklärte  Madeleine Petrovic, Klubobfrau der Grünen in Niederösterreich und Chefin des Wiener Tierschutzvereins. "Wenn dieses Verfahren da durchgeht, ist das der Abgesang des Rechtsstaats", urteilte Petrovic.

Kritik an Verlegung der Causa

Heftige Kritik äußerte die Politikerin an der Verlegung der Ermittlungszuständigkeit in der Causa an die Behörde nach Wiener Neustadt, die sich gegen die Tierschützer "verschworen" habe. Geschehen sei dies durch einen Kunstgriff, eine Kombination mit einem anderen Fall, so die Politikerin. Ex-Justizministerin Maria Berger habe ihr schriftlich bestätigt, dass dies nicht hätte passieren dürfen.

Justizministerium will antworten

Im Justizministerium gab es zu diesem Schreiben am Mittwoch lediglich ein knappes Kommentar: "Es wird eine Antwort geben, aber wie diese Antwort aussehen wird, kann ich noch nicht sagen", erklärte Katharina Swoboda, Sprecherin der Justizministerin.

Palmers: Grundpfeiler unserer Demokratie

Textilunternehmer-Erbe und Tierschützer Hans Palmers zeigte sich ebenfalls selbst an: "Das habe ich alles auch gemacht - und ich bin stolz darauf und stehe dazu." Er habe sich genauso wie die beschuldigten Tierschützer gegen Unrecht eingesetzt, betonte der Schweizer. "Wenn wir versuchen, solche Leute mundtot zu machen und vor Gericht schleppen - unter, soweit ich das beurteilen kann, fragwürdigen Methoden, rüttelt das an den Grundpfeilern unserer Demokratie."

278a "Gesinnungsparagraf" -  "Justizfarce" aufhalten

Als Moderator der Veranstaltung trat Versicherungskaufmann Boris Lechthaler in den Vordergrund. Auch er hat sich selbst angezeigt. "Wer eine Bewegung ideell, finanziell unterstützt oder auch nur ein T-Shirt kauft, macht sich laut der jetzigen Auslegung unter Umständen eines Verbrechens schuldig. Man muss diese "Justizfarce" aufhalten, 278a wird als "Gesinnungsparagraf" gewertet", erklärte der Oberösterreicher.

"Alle Vorwürfe würden auch auf mich zutreffen"

Unter den 220 Selbstanzeigern befanden sich neben kirchlichen Vertretern auch die Büroleiterin des "Vereins Gegen Tierfabriken" (VGT), Maria Griebl. In der Causa wurde auch gegen sie ermittelt. Die Behörde stellte das Verfahren dann ein. Fünf ihrer Kollegen sind noch angeklagt. "Wie willkürlich die Auswahl ist, ist ganz offensichtlich. Alle Vorwürfe würden auch auf mich zutreffen." Griebl sieht in dem Vorgehen der Justiz eine "ernsthafte Bedrohung der Demokratie".

Ähnlich beurteilte es Tom Putzgruber, Obmann des Salzburger Tierrechtsverein "Respektiere". Auch gegen ihn wurden Erhebungen geführt und fallen gelassen. Putzgruber hat die Wiener Neustädter Behörde wegen ungerechtfertigter Durchsuchung und Nicht-Retournierung von beschlagnahmten Gegenstände angezeigt.(APA)