Fast täglich hat er seine Unterkunft gewechselt. Auch seine SIM-Karte tauschte er ständig aus, damit man ihn nicht orten kann. Nun wurde Mullah Baradar angeblich doch gefasst, in der pakistanischen Hafenstadt Karatschi. Bei einer gemeinsamen Aktion soll der Militärchef der afghanischen Taliban der CIA und dem pakistanischen Geheimdienst ISI ins Netz gegangen sein - was die Taliban allerdings bestreiten: Er sei in Afghanistan und organisiere die Militäreinsätze der Rebellen.

Im Westen kennt zwar kaum einer seinen Namen, doch die Amerikaner werteten Baradars Festnahme als die wichtigste seit ihrem Einmarsch in Afghanistan Ende 2001. So galt Baradar als die Nummer zwei hinter dem einäugigen, gefürchteten Taliban-Chef Mullah Mohammed Omar. Als Militärchef war er für die Kampfeinsätze der Taliban im Westen und Süden Afghanistans verantwortlich - nun auch gegen die Koalitionstruppen, die seit Samstag eine Großoffensive in der südafghanischen Provinz Helmand führen.

Über Baradars Person selbst ist nicht viel bekannt. Er wird auf 42 geschätzt und stammt aus der südafghanischen Provinz Uruzgan. Unter den Taliban war er unter anderem Vize-Verteidigungsminister. Später gehörte er dem politischen Führungsrat der Aufständischen an, der sogenannten Quetta Schura.

Es heißt, dass Baradar zu jenen Taliban zählt, die Gesprächen mit den USA und der afghanischen Regierung über eine friedliche Lösung am Hindukusch offen gegenüberstehen. Das US-Magazin Newsweek hatte ihn im Juli 2009 als besten Verhandlungspartner bezeichnet. Seine Festnahme könnte die Chancen für Gespräche, wie Washington sie will, schmälern. In Islamabad wurde allerdings spekuliert, dass Baradars Arrest in Wahrheit der verkappte Versuch sein könnte, Gesprächskanäle zur Taliban-Elite zu öffnen.

Ob seine Festnahme die Taliban entscheidend schwächt, ist umstritten. Der Obama-Berater Bruce Riedel sagte, Baradars Ausfall könne kurzfristig die Militäroperationen der Taliban lähmen. So habe der Militärchef die Befehle des Führungsrats, der bisher in der Stadt Quetta in der pakistanischen Provinz Belutschistan vermutet wurde, an die Feldkommandeure in Afghanistan übermittelt. Der US-Analysedienst Stratfor ist skeptischer. "Es ist unwahrscheinlich, dass eine einzelne Person die Nabelschnur zwischen dem Führungsrat und den Militärkommandanten im Feld ist, besonders bei einer Guerilla-Truppe wie den Taliban." Christine Möllhoff, DER STANDARD, Printausgabe, 17.2.2010)