Lübeck - Gähnen steckt ebenso an wie Lachen. Verliebte imitieren im Gespräch unbewusst Bewegungen ihres Gegenübers und manche Kinder lernen das Radfahren allein durchs Beobachten ihrer Spielkameraden.

Für alle diese Phänomene machen Forscher hoch spezialisierte Nervenzellen im Gehirn verantwortlich, so genannte Spiegelneuronen. Wissenschafter aus Lübeck und Parma wollen jetzt testen, ob diese Zellen auch Schlaganfallpatienten helfen können, Lähmungen an Armen oder Beinen schneller zu überwinden. Das teilte die Universität zu Lübeck am Dienstag mit.

Lernen durch Beobachten

Gefördert wird das Forschungsvorhaben, an dem deutsche und italienische Neurologen gemeinsam arbeiten, von der Volkswagenstiftung, die dafür in den nächsten drei Jahren mehr als 500.000 Euro bereitstellt. Die Ärzte wollen zunächst fünfzig Patienten Videofilme vorspielen, in denen gesunde Menschen ihre Arme und Beine bewegen.

Allein durch das Beobachten der Bewegung könnten neurologische Lernprozesse einsetzen, glauben die Forscher. Im Gehirn gespeicherte Bewegungsmuster aus der Zeit vor dem Schlaganfall könnten so schneller wieder aktiviert werden.

Videotherapie

Die Spiegelneuronen und ihre Funktion waren vor einigen Jahren von italienischen Wissenschaftern zunächst bei Affen entdeckt worden. Inzwischen gehen Neurologen davon aus, dass es auch im Gehirn des Menschen ein komplexes System von Spiegelneuronen gibt, die Beobachtungen oder Geräusche mit der Ausübung von Aktionen verknüpfen.

Nach Ansicht des Neurologen Ferdinand Binkowski, der die Forschungen in Lübeck leitet, könnte die "Videotherapie" vor allem bei Patienten mit leichteren Schlaganfällen zu Erfolgen führen. (APA/dpa)