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In den letzten drei Jahren ist der Medianpreis für ein Einfamilienhaus um 16 Prozent gefallen.

Grafik: STANDARD, Foto: AP

Drei Jahre, nachdem die Immobilienblase in den USA geplatzt ist, sind die Preise wieder auf dem Stand von 2003. Während die Neubauten stark zurückgegangen sind, boomen nun die Zwangsversteigerungen.

Im Jahr 2005 war der US-Immobilienboom auf dem Höhepunkt. TV-Werbeshows priesen Bücher an, die durch Hausankauf und -verkauf einen guten Nebenerwerb versprachen. So mancher kaufte sein erstes Haus, seine erste Wertanlage. Wohnbaufirmen expandierten. Banken stellten Risikokunden schlecht besicherte Subprime-Kredite zur Verfügung, die bald einen Marktanteil von 20 Prozent erreichten. Vereinzelte Warnungen verhallten ungehört.

Doch Anfang 2007 wurde immer klarer: Der Boom – angetrieben von der Hoffnung auf Spekulationsgewinne und vom Versuch vieler Amerikaner, sich mit dem gesteigerten Papierwert ihres Hauses andere Lebensfreuden zu finanzieren – hatte zu einer Blase geführt, die geplatzt war. Hauspreise sanken, Subprime-Hypothekenverluste bei Banken mehrten sich, Zwangsversteigerungen, sogenannte Foreclosures, wurden zum Schlagwort der Saison.

Die US-Immokrise wurde zum Auslöser der größten Finanzkrise seit der Weltwirtschaftskrise. Die staatlich kontrollierten US-Hypothekenfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac wurden nach kräftigen Finanzspritzen einem Chefaufseher unterstellt. Die USA stürzten in eine tiefe Rezession.

"Es kam einfach alles zusammen", erklärt Jay Butler, Immobilienexperte an der Arizona State University, "es war wie ein Teufelskreis." Kritiker werfen Experten wie ihm vor, dass sie bestenfalls eine Verlangsamung des Wachstums prophezeit hatten.

Das Jerome Levy Forecasting Center hatte schon 2005 gewarnt: "Die Immo-Blase war ein Auswuchs eines jahrzehntelangen Prozesses, in dem sich die US-Wirtschaft immer mehr auf die Ausdehnung der Schuldenlast der Haushalte verließ", erläutert Robert King, Ökonom am Center.

Auch James Chung vom Marketing- und Forschungsunternehmen Reach Advisors warnte nach einer demografischen Studie 2006 bereits, dass traditionelle Immobilienstatistiken zu wenig über die Zukunft aussagten. "Wir fanden, dass der Boom einfach nicht weitergehen konnte, weil er durch die natürliche Nachfrage der Babyboom-Generation getrieben war, die den Höhepunkt bereits überschritten hatte", so Chung.

80 Prozent weniger Hausbau

Für einige Zeit blieb die Nachfrage der Spekulanten noch aufrecht. Statt der traditionellen zehn Prozent Spekulanten stieg der Anteil an Investoren laut Butler auf 30 bis 40 Prozent – viele davon ahnungslose Amateure. Die Folge: Hausbauvolumen und Verkaufspreise sackten dramatisch ab, Zwangsversteigerungen hingegen setzten neue Rekorde. "Die Hausproduktion fiel um 80 Prozent vom Höhepunkt Ende 2005 bis zum Beginn der Talsohle letztes Jahr – und zwar so tief wie noch nie", erklärt David Crowe, Chefökonom der National Association of Homebuilders, einer landesweiten Vertretung von Bauunternehmen. "Wie noch nie" – das umfasst in diesem Fall den Zeitraum der Datenerfassung, also die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg.

Drei Jahre nach Beginn der Immobilienkrise gibt es zwar erste Lichtblicke wie etwa eine steigende Anzahl von Baugenehmigungen, aber noch immer keine klare Trendwende. Viele meinen, dass die Talsohle bei Hausverkaufspreisen nun endlich erreicht sei.

Und dennoch: Einen neuen Immo-Boom erwartet so schnell niemand. Denn die US-Wirtschaft wächst seit dem dritten Quartal wieder, aber sowohl die hohe Arbeitslosigkeit als auch die Angst davor sind so hoch, dass viele dadurch vom Hauskauf abgehalten werden. Eine Steuergutschrift für Erstkäufer von bis zu 8000 Dollar verzerrt laut Experten den Markt. Die Regierung erweiterte sie kürzlich sogar und verlängerte sie für jene, die bis Ende April einen Vertrag unterschreiben und bis Ende Juni abschließen.

Der wahre Zustand des Hausmarkts wird erst im Sommer deutlich werden", meint Peter Boockvar, Marktstratege bei Miller Tabak. Neueste Daten bescherten Experten bestenfalls gemischte Gefühle: Der Medianpreis für ein neues Einfamilienhaus in den USA sank im Dezember 2009 auf 221.300 Dollar, 3,6 % unter dem Vorjahreswert von 229.600 Dollar. Zum Vergleich: Der Gipfel inmitten des Booms im März 2007 lag bei 262.600 Dollar.

Insgesamt wurden 2009 nur 374.000 Einfamilienhäuser verkauft. Das ist der niedrigste Wert, seitdem die Statistik 1963 eingeführt wurde. Das waren 22,9 % weniger als 2008, ja sogar 51,8 % weniger als 2007.

Rekordzahlen

Der S&P/Case-Shiller-Index, der Hauspreise in 20 Städten misst, wies für November 2009 Abfälle von 5,3 % gegenüber dem Vorjahr und 0,2 % gegenüber dem Vormonat aus – und das nach fünf Monaten des Anstiegs. Jetzt liegen die Preise auf dem Niveau von Ende 2003 – ganze 29 Prozent unter ihrem Hoch von 2006. Allerdings wies der Index in manchen Städten einen Preisanstieg gegenüber dem Vorjahr aus: so etwa in Dallas, Denver, San Diego and San Francisco.

Index-Kogründer Robert Shiller von der Yale University warnt jedoch vor einem weiteren Fall und einer neuen Foreclosure-Welle in den kommenden Monaten. Und die Online-Datenbank RealtyTrac erwartet heuer einen neuerlichen Rekord von mindestens drei Millionen Zwangsversteigerungsobjekten. Angeführt wird die Statistik 2009 von Kalifornien, Florida, Arizona und Illinois. Nevada rangiert mit einer Foreclosure-Rate von mehr als zehn Prozent aller Häuser das dritte Jahr in Folge an der Spitze. (Georg Szalai aus New York, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13./14.2.2010)