Die Pekinger Führung heizt einen Tag vor Beginn des traditionellen Frühlingsfestes, der größten Familienfeier in China, die Stimmung für einen Konfrontationskurs mit den USA an. Das Außenministerium und die für Tibet zuständigen Parteigremien warnten US-Präsident Barack Obama davor, den Dalai Lama zu treffen. Das Weiße Haus hatte am Donnerstag den 18. Februar als Termin für die seit Monaten geplante Begegnung mit dem geistlichen Oberhaupt der Tibeter genannt.

"Wir fordern die USA auf, ihre Entscheidung zum Arrangement des Treffens unverzüglich rückgängig zu machen" , zitierte die Nachrichtenagentur Xinhua den Sprecher des Außenministeriums schon in der Nacht auf Freitag in einer Eilmeldung. Die TV-Hauptnachrichten sendeten die ultimative Aufforderung.

Websites der Regierung veröffentlichten am Freitag demonstrativ erneut den Wortlaut einer sieben Tage zurückliegenden Pressekonferenz mit dem hohen Parteifunktionär für die Tibetfrage, Zhu Weiqun: "Vertrauen und Kooperation zwischen uns werden unvermeidlich bedroht, wenn US-Führer sich für ein Treffen mit dem Dalai Lama entscheiden."

In den USA wird mit einer Verschiebung des für April geplanten Staatsbesuchs von Präsident Hu Jintao gerechnet. In Chinas Presse warnte jedoch der Pekinger Institutsleiter für US-Studien Yuan Peng, dass seine Regierung härter reagieren könnte, als Washington erwarte. Seit China als Antwort auf US-Waffenverkäufe an Taiwan ankündigte, die Militärbeziehungen zu den USA vorläufig auszusetzen und Sanktionen gegen am Waffendeal beteiligte US-Firmen wie Boeing oder Lockheed Martin einzuleiten, hat Peking sich unter Erfüllungsdruck gesetzt. Das gilt nun für Tibet umso mehr. (Johnny Erling aus Peking/DER STANDARD, Printausgabe, 13.2.2010)