Man sehe ja kaum noch FDP-Mitglieder auf der Straße. Ach ja, die seien ja alle im Finanzamt bei der Selbstanzeige, witzelte dieser Tage TV-Lästermaul Harald Schmidt. Über die Parteizugehörigkeit von Steuersündern ist zwar nichts bekannt, in einem Punkt aber liegt Schmidt nicht falsch: Immer mehr Steuersünder machen sich laut Financial Times Deutschland (FTD) auf den Weg zum Finanzamt, um sich selbst anzuzeigen.

Besonders reger Parteienverkehr herrscht in Bayern. Dort haben sich bis zum vergangenen Freitag 291 Personen gemeldet, die die Höhe ihres zu versteuernden Einkommens korrigieren wollten. Vor einer Woche waren es nicht einmal 20 gewesen. Auch in Hamburg stieg die Zahl binnen drei Tagen von 10 auf 88, die Steuersünder hatten Kapitalerträge in Höhe von 63 Millionen Euro hinterzogen. Somit rechnet die Hansestadt nun mit Steuernachzahlungen in Höhe von 20 Millionen Euro. "In unserer Behörde stehen die Faxgeräte vor lauter Selbstanzeigen nicht mehr still" , sagt ein Sprecher der Hamburger Finanzbehörde der FTD. Hintergrund des Gesinnungswandels: Eine Selbstanzeige beim Finanzamt schützt vor einem Strafverfahren - allerdings nur, wenn die Behörden noch nichts über den Fall wissen.

Somit geht nur straffrei aus, wer sich selbst anzeigt, bevor die CD gekauft wird. Die reuigen Sünder müssen dann "nur" die hinterzogenen Steuern der vergangenen zehn Jahre und sechs Prozent Zinsen nachzahlen. Bisher haben rund 850 Personen in Deutschland diese Möglichkeit genutzt.

Dass das brisante Datenmaterial erworben werden soll, hat Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bereits entschieden. Auch Nordrhein-Westfalen will zugreifen. Baden-Württemberg hingegen hat noch keinen Beschluss gefasst. CDU-Finanzminister Willi Stächele ist für den Kauf, FDP-Justizminister Wilhelm Goll dagegen.

Staat winken 200 Millionen

Steuerfahnder gehen davon aus, dass der Staat nach Kenntnis der Daten auf der CD 200 Millionen Euro an hinterzogenen Steuern einstreifen könnte. Zunächst hatte man mit 100 Millionen gerechnet. Für die CD verlangt ein Informant 2,5 Millionen Euro.

Für den Fall, dass Berlin die CD kauft, sinnt die Schweiz auf Rache an Politikern. Nationalrat Alfred Heer, der auch Präsident des Bundes der Steuerzahler ist, droht: "Falls Deutschland gestohlene Bankdaten kauft, werden wir auf eine Gesetzesänderung hinarbeiten, dass sämtliche Schweizer Konten von deutschen Personen, die öffentliche Ämter bekleiden, offengelegt werden müssen." 8Birgit Baumann aus Berlin, DER STANDARD, Printausgabe, 16.2.2010)