Kabul - Die afghanischen Behörden gehen Vorwürfen nach, wonach erneut bei einem Militäreinsatz Zivilpersonen getötet worden sein sollen. Nach NATO-Angaben wurden bei einen gemeinsamen Einsatz mit afghanischen Soldaten auf einem Anwesen in der Provinz Paktia mehrere Aufständische getötet. Man habe die Leichen zweier Männer und zweier gefesselter und geknebelter Frauen gefunden. Angehörige dagegen beschuldigten am Freitag US-Soldaten, unbeteiligte Zivilisten getötet zu haben.

Das Innenministerium entsandte ein Ermittlerteam zur Aufklärung des Vorfalls. ISAF-Sprecher Brigadegeneral Eric Tremblay sagte volle Zusammenarbeit bei der Untersuchung zu. Auch die Behörden in Paktia bestätigten, dass sie wegen des Todes von fünf Menschen in einem Wohnhaus nahe der Provinzhauptstadt Gardes ermitteln. Polizeichef General Asisudin Wardak zufolge wurden bei einem Fest am Donnerstagabend drei Frauen und zwei Männer getötet. Einer der beiden Männer habe für die Polizei gearbeitet, der andere für die Staatsanwaltschaft. "Wer hat sie getötet? Wir wissen es noch nicht", sagte er.

In einer Erklärung der NATO-Truppen wurde die Operation mit Informationen über Umtriebe von Aufständischen auf einem Anwesen in der Nähe des Dorfs Khatabeh begründet. "Mehrere Aufständische verwickelten die gemeinsame Einheit in ein Feuergefecht und wurden getötet", hieß es. Dann seien "eine große Zahl Männer, Frauen und Kinder" aus dem Haus gekommen und in Gewahrsam genommen worden.

Widersprüchliche Angaben

In einer ersten Mitteilung hieß es, bei der Durchsuchung des Anwesens habe die Einheit eine "grausige Entdeckung" gemacht: In einem Nebenraum seien die Leichen von drei gefesselten und geknebelten Frauen versteckt gewesen. In einer zweiten Stellungnahme Stunden später war - ohne weitere Erklärung der widersprüchlichen Angaben - die Rede von zwei gefesselten und geknebelten Frauenleichen und zwei toten Männern. Acht Männer wurden den Angaben zufolge festgenommen.

Soldaten als Schuldige bezeichnet

Familienangehörige der Toten jedoch gaben amerikanischen Soldaten die Schuld am Tod von fünf Menschen. Ein Mann namens Hamidullah berichtete in einem Telefongespräch mit AP, er sei in dem Haus gewesen, wo etwa 20 Menschen zusammengekommen seien, um die Geburt eines Sohnes zu feiern. Eine Gruppe von Männern, die er als "US-Spezialkräfte" beschrieb, habe das Anwesen umstellt. Ein Mann, der in den Hof hinaustrat, um nach dem Grund zu fragen, sei niedergeschossen worden.

"Daud kam aus dem Haus um zu fragen, was los ist. Da haben sie ihn erschossen", sagte er. Dann hätten sie einen zweiten Mann getötet. Die übrigen Anwesenden seien auf den Hof hinaus geholt worden, hätten sich hinknien müssen und die Hände hinter dem Rücken gefesselt bekommen, sagte Hamidullah und brach seinen Bericht mit tränenerstickter Stimme ab.

Der Vorfall habe die Einheimischen sehr aufgebracht, berichtete der Lokalpolitiker Shahjesta Jan Ahadi. Die Amerikaner hätten fünf unschuldige Menschen getötet. "Die Leute sind so zornig", sagte Asadi. An der Operation seien keine afghanischen Soldaten beteiligt gewesen, behauptete er: "Die Regierung hat davon nichts gewusst." (apn)