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Opernhaus von Sydney

Foto: REUTERS/David Gray

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Jörn Utzon mit den Plänen für das Opernhaus 1967

Foto: APA/EPA/Allan Moe

Das Werk, mit dem er berühmt wurde, hat der Einzelgänger selbst jedoch nie betreten.


Wien - Die Ehrung kommt spät, und sie kommt rechtzeitig zum Jubiläum: Vergangenes Wochenende sprach die amerikanische Hyatt-Stiftung dem mit heutigem Tag 85-jährigen dänischen Architekten Jorn Utzon den begehrten und mit 100.000 Dollar weltweit bestdotierten Architekturpreis zu.

Der Pritzker-Preis wird seit 1979 jährlich verliehen und ist die renommierteste Auszeichnung, die Architekten einheimsen können. Entsprechend erfreut gab sich der Däne, der seit Jahren zurückgezogen auf Mallorca lebt. Die Preisverleihung geht am 20. Mai in Barcelona über die Bühne, Utzons Sohn wird die Ehrung stellvertretend für den gesundheitlich angeschlagenen Vater entgegennehmen.


Starrköpfiger Ausnahmearchitekt

Jorn Utzon ist eine eigenwillige, um nicht zu sagen starrköpfige Ausnahmeerscheinung in der Architekturgeschichte des vergangenen Jahrhunderts. Sein bekanntestes Werk steht selbstverständlich im Hafen Sydneys: Kaum ein anderes Gebäude hat sich dermaßen in das visuelle Weltgedächtnis eingeprägt wie der markante, schneeweiße Schalenbau des Sydney Opera House.

Utzon selbst hat das markante und gewagte Konstrukt freilich nie betreten. Streit, explodierende Baukosten und technische Probleme sonder Zahl prägten das Baugeschehen. Mit seiner extremen Hartnäckigkeit und Starrköpfigkeit brachte der Architekt seinerzeit die Stadtväter der späteren Olympiametropole über einen Zeitraum von knapp sechzehn Jahren fast um den Verstand.

1957 begann der damals 39-Jährige mit dem Bau des muschelartigen Gebildes, unterstützt wurde er vom gleichfalls dänischen Ingenieur Ove Arup, der die gewagten Formfantastereien des Architekturkollegen konstruktiv umsetzte und dabei neben enormem Geschick auch große Geduld bewies.


Sechzehn Jahre Bauzeit

Denn im Rausch des Baugeschehens plante Utzon die ungemein komplizierte Schalenkonstruktion des Hauses wiederholt um, raufte jahrelang mit statischen Widrigkeiten, brachte die Bauingenieure zur Raserei und überwarf sich schließlich mit allen Investoren und den Stadtvätern Sydneys. Nach achtjähriger Bauzeit legte er letztendlich die Verantwortung zurück und verließ Australien im Zorn. Nach weiteren acht Jahren, man schrieb bereits das Jahr 1973, war das Opernhaus zwar immer noch nicht fertig gestellt, doch immerhin so weit gediehen, dass man es im Beisein von Queen Elizabeth eröffnen konnte.

Zum damaligen Zeitpunkt hatte das Unternehmen, das ursprünglich mit sieben Millionen australischen Dollar und einer Bauzeit von vier Jahren veranschlagt gewesen war, eine Baugeschichte von 16 Jahren hinter sich und 102 Millionen versenkt, was 52 Millionen US-Dollar entspricht.


Späte Rehabilitierung

Man legte eine Atempause ein. Zum 25-Jahr-Jubiläum vor fünf Jahren hatte man sich so weit erholt, dass man Utzon einlud, die Richtlinien für die zukünftigen Arbeiten und Erweiterungen am Gebäude vorzunehmen, was er auch annahm. Trotzdem kam der Däne nie wieder nach Sydney zurück, er schickte lediglich seinen Sohn. Vor allem die Innenausgestaltung des Hauses entspricht nicht Utzons ursprünglichen Planungen, doch dementierte der Architekt, dass er daran Hand anlegen wolle.

Obwohl Utzon nach der Opernhaus-Misere diverse schöne Häuser in aller Welt vorlegte, etwa das 1991 schwer beschädigte Parlamentsgebäude von Kuwait, das Stadttheater in Zürich oder die Kirche in Bagsvaerd, erreichte keines seiner Nachfolgewerke auch nur annähernd die Popularität der Oper von Sydney. Dennoch: Der Pritzker-Preis wird für das Lebenswerk eines Architekten verliehen - und Utzons unkonventionelle Sicht der Räume und Schalen hat zweifelsohne einen gewichtigen Beitrag zum Architekturgeschehen der vergangenen 50 Jahre geleistet.
(DER STANDARD, Printausgabe, 9.4.2003)