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Generalprokuratur entscheidet, wer weitere Ermittlungen im Vorarlberger Justizskandal um Testamentsfälschungen führt.

Foto: dpa/Wiedl

Feldkirch - "Wie viele wohl noch drankommen?" - Diese Frage stellt man sich in Vorarlberger Juristenkreisen seit den ersten Verhaftungen im Testamentfälscher-Skandal. Am Wochenende war die Vizepräsidentin des Landesgerichts Feldkirch "dran".

Einer der Hauptverdächtigen, der Rechtspfleger Jürgen H., seit November in Haft, beschuldigt die Richterin, an Testamentsfälschungen mitgewirkt zu haben. Bertram Grass, Anwalt der Richterin, zum Standard: "H. sagt, sie hätte ihn bestimmt, ein Testament zu fälschen." Von einem Telefonat der Richterin und einem Treffen mit einem weiteren, mittlerweile ebenfalls Inhaftierten, sei die Rede. Grass: "Diese Vorwürfe stimmen nicht."

Ratz selbst bezeichnet die Beschuldigungen im ORF-Interview als Racheakt von H., weil sie zwei mutmaßliche Testamentmanipulationen von H. nach dessen Verhaftung zur Anzeige gebracht habe. Ob die Richterin (vorläufig) suspendiert wird, entscheidet das Disziplinargericht in Linz.

In der Causa sind mittlerweile vier Gerichtsbedienstete (darunter ein Pensionist) sowie ein Immobilienhändler in Untersuchungshaft, ein weiterer Mitarbeiter des Bezirksgerichts Dornbirn wurde auf freiem Fuß angezeigt. Ermittlungen laufen auch gegen Angehörige und Verwandte der Inhaftierten. Ob die Staatsanwaltschaft Feldkirch das gesamte Verfahren abgeben muss, wird zurzeit im Justizministerium geprüft.

Befangenheit

Einen Teilbereich, das Ermittlungsverfahren gegen die Richterin, haben die Feldkircher bereits wegen Befangenheit an die Oberstaatsanwaltschaft Innsbruck weitergegeben. Dort wird der Akt "eher nicht bleiben", so Sprecher Richard Freyschlag. Nun soll die Generalprokuratur entscheiden, welche Behörde das Ermittlungsverfahren weiterführen wird. Mindestens drei Personen werden dort den Akt prüfen. "Bei so einer sensiblen Sache kann das schon ein paar Tage dauern", sagt Generalanwalt Wilfried Seidl.

"Die Verlagerung wird die Sache nicht beschleunigen", befürchtet der Dornbirner Anwalt Ekkehard Bechtold. Egal, welche Staatsanwaltschaft das Verfahren weiterführe, "Staatsanwaltschaften sind weisungsgebunden, das ist ein Problem". Schließlich gehe es in der Sache um "eventuell sehr hohe" Schadenersatzansprüche gegen die Republik. Bechtold, Rechtsvertreter von Geschädigten: "Man würde der Justiz eine lückenlose Aufklärung eher glauben, wenn sie sich nicht selbst prüfen würde." Bechtold schlägt eine Untersuchungskommission aus Vertretern von der Rechtsanwalts-, der Notariats- und der Arbeiterkammer vor. (Jutta Berger/DER STANDARD-Printausgabe, 9.2.2010)