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Stromdiebstahl ist kein Kavaliersdelikt - das will der tschechische Stromriese CEZ offenbar seinen Kunden einbläuen.

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Tschechiens Stromversorger CEZ schickt Kunden, die ihre Rechnungen nicht bezahlt haben oder unter Verdacht stehen, illegal Strom abzuzapfen, ein bewaffnetes Sonderkommando. Eine Spezialeinheit des Konzerns soll säumige Zahler und angebliche Stromdiebe laut einem Bericht vom Deutschlandfunk mit wenig zimperlichen Methoden zur Raison bringen. Tschechischen Medien wurden dieser Tage Videos über die Sondereinheit zugespielt und sorgen für Aufregung.

Ein Stromkunde schildert dem Sender einen Besuch des "Spezialtrupps" so: Im Juni 2006 haben mich Mitarbeiter von CEZ bei der Arbeit angerufen. Ich sollte sofort nach Hause kommen. Eine halbe Stunde später war ich da, und die CEZ-Leute waren schon im Keller am Stromzähler. Es waren acht bewaffnete Männer in schwarzen Sicherheitswesten. Sie haben mich bedroht und behauptet, dass eine der Plomben am Stromzähler fehlt. Dann haben sie den Strom abgeschaltet und gesagt, das sei Diebstahl.

Die Sache ging nicht minder schräg weiter. Um Mitternacht sei er aufgefordert gewesen, in der Zentrale den Chef des Trupps - unter Anwesenheit weiterer Männer - zu treffen: "Sie haben mich gefragt, wie viel Geld ich bei mir habe und forderten mindestens drei Millionen Kronen von mir, also mehr als 100.000 Euro. Sonst müsste ich ins Gefängnis."

Organisierter Stromdiebstahl

Der Generaldirektor von CEZ, Martin Roman rechtfertigt die Vorgangsweise des halbstaatlichen Konzerns: "Strom wird hierzulande in großem Stil gestohlen; die Stromdiebe sind in bewaffneten Gangs organisiert, die vor nichts zurückschrecken und äußerst gewaltbereit sind." Allerdings hat Roman laut Radio Praha inzwischen eingeräumt, dass bei den Einsätzen des Spezialtrupps NTZ nicht alles optimal gelaufen sei. Die nun aufgetauchten Videoaufnahmen seien aber fünf Jahre alt. Seither habe kein Überlebenstraining mehr stattgefunden (wie dies auf den Videos zu sehen ist) und die schwarzen Kampfuniformen seien gegen eine graue Dienstbekleidung mit dem CEZ-Logo ausgetauscht worden. Den Kampf gegen Stromdiebe werde man jedenfalls fortsetzen, dies sei schließlich im Interesse aller ehrlichen Kunden, so Roman vergangene Woche in Prag.

Nach eigenen Angaben entstehen CEZ, einem der größten Energieversorger Europas, jährlich Millionenschäden durch Stromdiebe. In Tschechien hat der halbstaatliche Konzern quasi eine Monopolstellung inne. Die Verflechtung von Politik und Geschäftsinteressen des Stromriesen sei ein Dauerthema.

Das Spezialkommando, das vor fünf Jahren gegründet wurde, trägt das Kürzel NTZ. Es steht für "Abteilung Nicht-Technische Verluste". Entsetzen und viele offene Fragen hatte der Fall eines älteren Mannes ausgelöst, der sich während einer CEZ-Razzia das Leben nahm. Inzwischen ermittelt die Polizei in der Sache. Der zuständige Minister soll sich diese Woche im Parlament erklären. (rb)