Teheran/London/New York/Washington/Wien - Einem jungen iranischen Studenten, der während einer Protestkundgebung gegen die Regierung Steine geworfen hat, könnte die Todesstrafe drohen. Wie aus einer am Montag veröffentlichten Aussendung der "Internationalen Kampagne für Menschenrechte im Iran" hervorgeht, ist Mohammad Amin Valian (24) wegen "Feindschaft gegen Gott" ("Moharebeh") angeklagt.

Die Menschenrechtsorganisation nannte die Anklage gegen Amin "völlig unverhältnismäßig". Seit den Protesten nach der Präsidentenwahl vom 12. Juni wurden im Iran schon mehr als 100 politische Aktivisten vor Gericht gestellt. Mehr als 80 von ihnen wurden zu Haftstrafen verurteilt, elf zum Tode. Die ersten zwei Todesurteile wurden Ende Jänner vollstreckt. Neun weitere Oppositionelle wurden zum Tode verurteilt. Ihre Exekution könnte unmittelbar bevorstehen.

In der Vorwoche wurden fünf weitere Demonstranten, darunter Valian, angeklagt. Sollten sie der "Feindschaft gegen Gott" für schuldig befunden werden, müssen sie mit der Todesstrafe rechnen.

Bei dem von der Anklagebehörde vorgelegten Belastungsmaterial handelt es sich den Angaben zufolge um Fotos, die den 24-Jährigen bei den Protesten während der Ashura-Feiern als Steinwerfer zeigen. Der Studenten-Aktivist und Anhänger von Oppositionsführer Mir-Hossein Moussavi, der an der Damaghan Wissenschaftsuniversität inskribiert ist, war in einer von den Basiji-Milizen herausgegebenen Studentenzeitung denunziert worden.

Während des Prozesses soll Valian zugegeben haben, Steine geworfen und den gegen Präsident Mahmoud Ahmadinejad gerichteten Slogan "Tod dem Diktator" gerufen zu haben. Der prominente Teheraner Menschenrechtsanwalt Abdolfattah Soltani betonte, gemäß dem islamischen Recht, der Sharia, könne der Student nicht wegen "Moharebeh" angeklagt werden. Voraussetzung dafür wäre der Nachweis bewaffneter Aktivitäten, betonte Sotani unter Hinweis auf Artikel 86 und 89 des Islamischen Strafgesetzbuches. Steinwerfen falle "absolut nicht" unter diese Bestimmungen.

USA und EU befürchten Gewalt am iranischen Revolutionstag

Die USA und die EU befürchten, dass es bei den Protesten im Iran zum Jahrestag der Islamischen Revolution zu Gewalt gegen die Opposition kommt. Besonders am Donnerstag, wenn sich die Machtübernahme von 1979 jährt, werde es wohl zu Repressionen seitens der Regierung kommen, hieß es am Montag in einer gemeinsamen Erklärung. Der Reformpolitiker Mohammad Chatami rief zur Teilnahme an den landesweit geplanten Kundgebungen gegen die Regierung auf. Auch die Oppositionspolitiker Mirhossein Mussawi und Mehdi Karubi hatten Proteste angekündigt.

In der Erklärung appellierten die USA und EU an die Regierung in Teheran, sich an die internationalen Menschenrechtsverpflichtungen zu halten und den Missbrauch des eigenen Volkes zu beenden. Die dafür Verantwortlichen sollten zur Rechenschaft gezogen werden. Wer friedlich demonstriert habe, solle freigelassen werden.

Beobachter rechnen mit verstärkten Protesten der Opposition gegen die Regierung von Präsident Mahmud Ahmadinedschad. Die oberste Führung der Islamischen Republik hat die Proteste als Widerstand gegen die gottgewollte Ordnung des Landes verurteilt und bereits zwei Menschen hinrichten lassen. Für Donnerstag hat die Regierung angekündigt, sie werde hart gegen Oppositionelle vorgehen.

Seit der umstrittenen Präsidentenwahl im Juni sind im Iran Tausende Menschen inhaftiert worden. Die meisten von ihnen sind wieder freigelassen worden, mehr als 80 müssen jedoch bis zu 15 Jahre ins Gefängnis.

Oppositionelle wegen Kontakten zu "konterrevolutionären und zionistischen Netzwerken" verhaftet

Erst am Sonntag waren sieben Oppositionelle verhaftet worden, weil sie Proteste bei den Feiern zum 31. Jahrestag der Islamischen Revolution am 11. Februar vorbereitet haben sollen. Sie seien wegen Kontakten zu "konterrevolutionären und zionistischen Netzwerken" und wegen Aufruhrs verhaftet worden, berichteten örtliche Medien unter Berufung auf das Geheimdienstministerium. Demnach sollen sie Kontakte zu "Radio Farda" gehabt haben, einem von den USA finanzierten iranischen Radiosender in Prag. Einige von ihnen seien auch von einem "US-Spionage-Dienst" angeheuert worden.

Die Festgenommenen hätten eine wichtige Rolle dabei gespielt, Nachrichten aus dem Iran im Ausland zu verbreiten, teilte das Ministerium weiter mit. Sie planten demnach auch Proteste für den 11. Februar, an dem der Iran den 31. Jahrestag der Islamischen Revolution feiert. Anschließend hätten die Oppositionellen sich dann in die USA absetzen wollen.

Seit der umstrittenen Wiederwahl von Präsident Mahmoud Ahmadinejad im Juni vergangenen Jahres gehen im Iran immer wieder Regierungskritiker auf die Straße, zuletzt während des schiitischen Ashura-Festes Ende Dezember. Revolutionsführer Ayatollah Khomeini war am 1. Februar 1979 aus dem französischen Exil in den Iran zurückgekehrt und hatte kurze Zeit später die Macht übernommen. (APA/AFP/Reuters)