St.Pölten - Von der Hygieneschleuse könnte sich eine Flughafensecurity einiges abschauen, so umfassend checkt die Anlage die eintretende Person: Mit den mit Papierschuhen überzogenen Straßenschuhen watet man auf einem Gitter, das in einer Desinfektionslösung liegt. Passiert ein Drehkreuz. Steckt die Hände in zwei Röhren, wo sie mit Desinfektionsmittel bestäubt werden. Passiert das nächste Drehkreuz. Und steht erst dann in der größten Küche Österreichs, die von der Firma Gourmet betrieben wird.

150.000 Tiefkühlmenüs werden hier in einem charmelosen Industrieteil von St. Pölten pro Tag gekocht. "Wir haben 800 Artikel im Angebot. Da brauchen unsere Köche ein halbes Jahr, bis sie das ganze Angebot einmal durchgekocht haben" , sagt Betriebsleiter Christian Loser nicht ohne Stolz.

In dieser Küche ist nichts klein-klein. Das Gerät, mit dem eine Soße püriert wird, heißt Rüsselrührer und ist ein mannshoher Stabmixer, der auf Rädern zu den Kesseln gerollt wird. Simple Bratpfannen gibt es nicht, stattdessen wird auf Fließbändern gegrillt oder gebacken. Dabei wird das Bratgut auf ein Band geschichtet, das langsam durch einen Ofen, besser: eine Ofenstraße fährt. Wenn das Fleisch am anderen Ende ankommt, ist es exakt wie gewünscht. Der Rundkochkessel ist eine Art riesiger Kochtopf, in dem locker 600 Liter Gulasch oder Suppe köcheln. Auch bei den Rezepturen wird in großem Maßstab gewerkt: Für ein Chicken Curry werden 50 Kilo Zwiebel benötigt und 420 Liter Kokosmilch.

Kein offener Ausgang

Kochen ist kein kreativer Vorgang mit offenem Ausgang, sondern funktioniert ähnlich punktgenau wie industrielle Fertigung. Hergestellt wird mit möglichst wenig Abweichungen vom festgelegten Geschmack, der auf Kindergartenkinder oder Senioren abgestimmt ist. 90 Minuten dauert es vom Anliefern, Kochen, Portionieren bis zum Schnellfrosten in einer fünf Meter hohen Zentrifuge, die mit kalten Winden angeblasen wird.

360 Mitarbeiter arbeiten an diesem Standort; darunter 15 ausgebildete Köche. "Die sind früher auf Saison gewesen und sind jetzt froh, dass sie hier relativ normale Arbeitszeiten haben" , sagt Loser. Um fünf Uhr morgens wird zu kochen begonnen und im Schichtbetrieb bis zum Abend gewerkt.

Wobei sich die Gourmet-Leute mit Vorarbeiten wie Karotten raspeln oder Erdäpfel schälen gar nicht abgeben. Frischware wird täglich mehrmals geliefert, von Partnerfirmen aus der Umgebung. "So ist es am frischesten" , sagt Geschäftsführer Herbert Fuchs.

"Alles ganz herkömmlich"

Im Nebenraum falten zwei Arbeiterinnen die Palatschinken in kleine, mit Topfen gefüllte Dreiecke. Eine dritte schichtet die fertig gebackene Süßspeise in eine Steige. Alles andere - Teig in runden Fladen aufs Laufband portionieren, backen und mehrmaliges wenden, macht eine Maschine. 12.000 Palatschinken können so pro Tag produziert werden. Trotzdem, versichert Loser, ist hier "alles ganz herkömmlich" , und es gebe keinen Unterschied zu einer Pfannenpalatschinke. Davon versichert sich zweimal täglich ein Team, das alles, was an einem Tag gekocht wird, verkostet.

Fast wie zu Hause geht es bei der Köchin zu, die eine Sauce bolognese umrührt. Auch wenn der Kochlöffel, mit dem sie hantiert, eineinhalb Meter lang ist und drei Kilo wiegt. Spaghetti gehören zu den Lieblingsgerichten in Schulen und Kindergärten. Auch bei Senioren, die über Pflegeorganisationen mit den Menüs, die zwischen 2,60 Euro und 6,40 Euro kosten, beliefert werden. Von der Krise hat Gourmet, das zur Vivatis-Holding der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich gehört, nicht viel gespürt, erläutert Fuchs. Ja, man merke Kurzarbeit und Jobabbau - viele Firmen bestellen weniger. Wettgemacht wird dies durch mehr Nachfrage bei Senioren. (Johanna Ruzicka, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6./7.2.2010)