Man scheint alle Zeit der Welt zu haben: Eineinhalb Jahre haben zwei Provenienzforscher im Auftrag der Kulturministerin gebraucht, um elf Dossiers zu 23 Kunstwerken aus der Sammlung Leopold zu erstellen.

Sicher, sie haben ganze Arbeit geleistet - aber auch sinnlose. Es nahm z. B. niemand an, dass die "Stilisierten Blumen" von Schiele Raubkunst sein könnten. Denn die Provenienz ist eindeutig: Rudolf Leopold kaufte das Gemälde 1970 beim Sohn von Max Morgenstern, der seine Sammlung 1938 nach London hatte verbringen können. Dennoch wird die Geschichte auf 17 Seiten ausgewalzt. Man erfährt sogar, dass der Erbe auf einer Weihnachtspostkarte bedauert, keine "Schillers" (sondern nur Schieles) zu besitzen.

Wenn die Forscher im gleichen Tempo und mit der gleichen Verliebtheit in völlig belanglosen Details weiterforschen, dann braucht es, Daumen mal Pi, bis zum Jahr 2187, ehe die Provenienzen der Sammlung - rund 4700 Werke entstanden vor 1945 - systematisch aufgearbeitet sind. Fast drängt sich der Verdacht auf: Das soll wohl so sein.

Dass der Wille, dieses leidige Kapitel aufzuarbeiten, gering ist, zeigt sich auch daran, dass die Kulturministerin ein neues, zehnköpfiges (!) Gremium mit der Prüfung der Fälle beauftragte. Für alle anderen Restitutionsfälle genügt seit Jahren ein siebenköpfiger Rückgabebeirat. Er ist bestens eingearbeitet. Und er wäre auch in der Lage, bezüglich Leopold glasklare Empfehlungen auszusprechen. (Thomas Trenkler / DER STANDARD, Printausgabe, 5.2.2010)