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Es müssen schon einige Vermutungen über Ungereimtheiten finanzieller Art zusammengekommen sein, wenn die Berliner Philharmoniker einen Anwalt zu einem der beiden interimistischen Geschäftsführer der Salzburger Osterfestspiele bestellen. Wobei: Nicht nur seine alles andere als blasse, zumeist durch ein locker sitzendes Mascherl verzierte äußere Erscheinung lässt Peter Raue (Jahrgang 1941) durchaus als kunstaffin und -kundig erscheinen. Und kaum als trockenen Spezialisten der Gesetzesauslegungen.

Auch die Tätigkeitsbereiche des bisher in Berlin lebenden, indes in München geborenen Rechtsanwalts zeigen, dass er - nicht nur beruflich - vor allem in der Kunstwelt unterwegs ist. Raue, seit 1971 Anwalt, promovierte zum Thema "Jugendgefährdende Schriften und Kunstfreiheit"; er ist Professor für Urheberrecht an der Freien Universität Berlin, und er hat zahlreiche Veröffentlichungen zu Fragen des Sponsorings und des Kunst- und Restitutionsrechts vorgelegt.

Als besonderen Augenblick seiner Karriere bezeichnet er zwar die erfolgreiche Verfassungsbeschwerde gegen die Nichtzulassung von 80 Medizinstudenten, allerdings war da noch viel mehr, und es stand immer im Zusammenhang mit Kunst. So vertrat er unter anderem Dirigent Kent Nagano und auch Eva Wagner-Pasquier, als diese noch mit Vater Wolfgang wegen der Bayreuth-Nachfolge stritt. Er half Claudio Abbado, das Erscheinen einer nichtautorisierten Biografie zu verhindern. Und er unterstützte Christoph Schlingensief während dessen Parsifal-Arbeit am Grünen Hügel. Was Wunder: In einer Operninszenierung von Regisseurin Katharina Wagner soll eine Advokatenfigur extrem an Peter Raue erinnert haben.

Da gab es jedoch auch Phasen, in denen Raue, der einst auch Schauspieler werden wollte, quasi als Kunstmanager in Erscheinung trat: Als langjähriger Präsident der Freunde der Nationalgalerie holte er etwa 200 Exponate aus der Gemäldesammlung des Museum of Modern Art nach Berlin. Und Raue war es auch, der nach fast 30 Jahren die erste Schau von Hermann Nitsch in Berlin ermöglichte. Dass der Vater zweier Kinder aus der Ehe mit der Anwältin Ursula Raue nun bei den Osterfestspielen landen würde, hätte er aber wohl nie gedacht. Es muss ihm aber bald klargeworden sein, dass er, der sich als "zwanghaften Theatergeher" bezeichnet, in nächster Zeit kaum Kapazitäten haben wird, um sich Kunstdingen zu widmen. (Ljubisa Tosic/ DER STANDARD, Printausgabe, 5.2.2010)