Walter Rothenteiner, Banken-Obmann und RZB-Chef, glaubt, dass europaweit Transaktionssteuern kommen, und plädiert für strengere Versteuerung von Aktiengewinnen.

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Standard: Sie sind für 22. Februar beim Bundeskanzler zum Bankengipfel geladen. Er will eine Bankensteuer auf die Bilanzsumme einheben. Welchen Gegenvorschlag werden Sie mitbringen?

Rothensteiner: Ich habe bisher immer geglaubt, Steuern kämen aus dem Finanzministerium. Ich habe Verständnis für die Budgetsanierung, aber was da auf dem Tisch liegt, ist keine gute Idee. Damit besteuern wir die Spareinlagen, weil aus denen besteht ein Großteil österreichischer Bankbilanzsummen. Auf der einen Seite schreibt man uns jede Menge Eigenkapital vor, auf der anderen will man es uns durch die Steuer wieder wegnehmen. Am Ende des Tages würde der Kunde die Steuer zahlen.

Standard: Was wäre klüger?

Rothensteiner: Ich bin nicht dazu da, Steuern zu erfinden. Wir brauchen immer mehr Eigenkapital, sollen das staatliche Partizipationskapital zurückzahlen und den Gewinn versteuern - wie soll sich da noch eine neue Steuer ausgehen? Das endet im Ausverkauf der verbliebenen österreichischen Banken ans Ausland, weil wir in Österreich nicht so viel Kapital zusammenbringen, oder im radikalen Runterfahren der Bilanzsummen. Und dann kommt die Kreditklemme. Europaweit geht der Zug in Richtung Transaktionssteuer; etwas in der Art wird kommen. Und man kann auch über die Spekulationsfrist reden: Ein Aktienverkäufer zahlt ab dem 13. Monat für den Gewinn nichts, ein Sparer dagegen jedes Jahr Kapitalertragsteuer für die Zinsen. Gegen diese Form der Bankensteuer würden wir uns mit allem wehren. Warum sollen gerade die Banken zahlen?

Standard: Weil sie die Krise mitverursacht haben.

Rothensteiner: Die österreichischen Banken nicht. Wir haben Fehler gemacht, in Island, bei Lehman, aber das war alles zu verdauen. Dass die Exporte zusammengebrochen sind und die Direktinvestitionen im Osten, dafür können wir nichts. Und wir Banker haben auch nicht Party gefeiert, sondern große Summen in Osteuropa reinvestiert.

Standard: Und Produkte gekauft, die Sie nicht verstanden haben.

Rothensteiner: Das hat aber keine große österreichische Bank insSchleudern gebracht.

Standard: Der Staat hat jedenfalls bis dato rund fünf Mrd. Partizipationskapital in die Banken gesteckt.

Rothensteiner: Für Bankenpaket und Haftungen zahlen die Banken Länge mal Breite. Das Bankenpaket hat der Republik 2009 rund 300 Millionen Euro gebracht. Der Steuerzahler hat dafür gar nichts bezahlt. Er hat uns nicht gerettet, er hat uns eine ordentliche Eigenkapitalausstattung ermöglicht, für die wir zahlen. Und dieses Geld werden wir zurückzahlen.

Standard: ÖVAG und Hypo Alpe Adria stehen zum Verkauf. Raiffeisen hat wirklich kein Interesse, wie Sie immer betonen?

Rothensteiner: Wir bleiben beim Nein. Der Raiffeisensektor ist dreistufig, der Volksbankensektor zweistufig, schon das passt nicht. Die ÖVAG wird heuer Verlust schreiben, aber sie ist nicht insolvent, und ich höre, dass viel getan wird, die Töchter Investkredit und Europolis oder Osteuropa abzustoßen. Interessiert uns aber auch nicht. Das Gleiche gilt für die Hypo - aber natürlich schauen wir uns wie immer alles an. Und zur ÖVAG: Da gibt es das Spitzeninstitut und die rund 60 Volksbanken, die sind selbstständig, jede hat Vorstand, Aufsichtsrat und Generalversammlung. Man soll nicht so tun, als könnte man ganz einfach den Sektor verkaufen. Bei den Sparkassen und Raiffeisen ginge das ja auch nicht.

Standard: Wird die Hypo zerteilt und abverkauft werden?

Rothensteiner: Man wird versuchen, die Hypo zu filetieren; durchaus möglich, dass Ausländer Teile herauskaufen werden.

Standard: Mit Basel III werden die Eigenkapitalerfordernisse für Banken wieder erhöht werden. Bei Österreichs Banken könnte das 13 Milliarden Euro erfordern. Womit rechnen Sie?

Rothensteiner: Das kann man noch nicht beziffern. Aber diese Verschärfung wird kommen, und daher müssen wir uns gegen alles wehren, was uns die Chance nimmt, diese neuen Eigenkapitalvorschriften möglichst rasch zu erfüllen - also auch gegen die Bankensteuer. Wenn Banken keine Chance haben, das Kapital auch zu verdienen, werden wir irgendwann Ausländern gehören, weil ein paar gibt es noch, die Geld haben. Die Gefahr, dass in Europa ein paar Riesen bleiben, die das Eigenkapital darstellen können, und ein paar regionale Banken, die am Hungertuch nagen, ist gegeben. (Renate Graber, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5.2.2010)