Dresden/München -  Die vorzeitige Vertragsaufkündigung des Dresdner Generalmusikdirektors Fabio Luisi wird ein Fall für die Anwälte. "Wir erachten die Kündigung von Fabio Luisi für unwirksam. Seine vertraglichen Rechte wurden nicht verletzt. Der Vertrag mit Herrn Luisi besteht damit fort", sagte Sachsens Kunstministerin Sabine von Schorlemer  am Freitag auf Anfrage. Im Ministerium sei die Tür für Gespräche mit ihm offen: "Wir erwarten, dass Fabio Luisi seinen Vertrag bis zum Sommer 2012 in Dresden erfüllt." Unabhängig von den juristischen Bewertungen werde die Staatsoper nach einer Lösung suchen, um den Schaden zu minimieren. Für alle Besucher werde der Spielbetrieb "auf gewohntem Niveau" gewährleistet.

Luisi, der auch Chefdirigent der Wiener Symphoniker ist, hatte am Mittwoch seinen vorzeitigen Abgang aus Dresden verkündet. Die Nachricht an sich kam nicht überraschend, Zeitpunkt und Form sorgten jedoch für Verwunderung. Das Kunstministerium als Arbeitgeber erfuhr aus den Medien von der Entscheidung des italienischen Dirigenten; sein Orchester - die Staatskapelle Dresden - wurde auf einer Skandinavien-Tour in Kenntnis gesetzt. Als Grund nannte Luisi unter anderem "unterschiedliche Auffassungen zu den künstlerischen Kompetenzen und letztendlich zur künstlerischen Ausrichtung der Sächsischen Staatskapelle Dresden". Luisis Hamburger Medienberater Henry C. Brinker sprach von einer außerordentlichen Kündigung, da der bis 2012 geltende Vertrag keine Ausstiegsklausel enthält.

In einem Interview mit den "Dresdner Neuesten Nachrichten" äußerte sich Luisi am Freitag erstmals selbst über die Vorgänge. Zuvor hatte er alles von seinem Medienberater regeln lassen. Unter dem Titel "Mich überrascht die Überraschung" sagte Luisi auch, dass die Causa nun den Anwälten gehöre. Die Semperoper sucht inzwischen nach einem Ersatz für anstehende Projekte. Ende Februar und Anfang März sollte Luisi in Dresden einen "Ring"-Zyklus leiten. Für April hatte er die musikalische Leitung der Oper "Notre Dame" von Franz Schmidt übernommen. Zudem standen noch Sinfoniekonzerte und eine Europa-Tour mit der Staatskapelle auf dem Programm.

Als Nachfolger Luisis im Amt des Chefdirigenten stand bereits Christian Thielemann fest. Er will sich in der kommenden Woche in Dresden präsentieren.   Bis 2011 Generalmusikdirektor der Münchner Philharmoniker, schließt Thielemann allerdings einen vorzeitigen Weggang von München aus. In der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung"  äußerte sich der designierte Chef der Dresdner Staatskapelle betrübt über den Entschluss Fabio Luisis, sein Amt mit sofortiger Wirkung abzugeben. Die Staatskapelle stehe nun vor großen Problemen, sagte Thielemann, und er werde prüfen, inwieweit er im einen oder anderen Fall aushelfen könne. Seine Vertragstreue in München habe jedoch Priorität.  (APA)