Bild nicht mehr verfügbar.

Der italienische Premier fühlt sich dauerverfolgt: "Ich verbringe meine Wochenenden mit meinen Rechtsanwälten, um mich von der Justizverfolgung zu verteidigen, ich habe es satt."

Foto: AP/Pier Paolo Cito

In aufgeheizter Atmosphäre hat die italienische Abgeordnetenkammer am Mittwoch eine neue Immunitätsregelung verabschiedet, die eine Aussetzung der zwei Prozesse gegen Premier Silvio Berlusconi bewirkt. Nach der Abstimmung, die mit 316 zu 239 Stimmen eine deutliche Mehrheit brachte, kam es im Sitzungssaal zu turbulenten Szenen.

Abgeordnete der Opposition protestierten lautstark gegen die maßgeschneiderte Immunitätsregelung und entfalteten Plakate gegen die jüngste "Lex Berlusconi" . Der Vorsitzende des Partito Democratico, Pierluigi Bersani, warf dem Premier vor, seit 15 Jahren das Parlament und die italienische Politik mit seinen persönlichen Justizangelegenheiten lahmzulegen. "Während Zehntausende entlassen werden, diskutieren wir hier zum wiederholten Mal über ihre Weigerung, vor Gericht zu erscheinen", so Bersani.

Dagegen argumentierte das Rechtsbündnis, Berlusconi werde von den Gerichten regelrecht verfolgt und müsse daher geschützt werden. Antonio Di Pietro, Chef der Partei "Italien der Werte", erklärte, derartige Gesetze seien nur in Diktaturen üblich. Das aus nur zwei Artikeln bestehende Gesetz bietet dem Regierungschef und seinen Ministern die Möglichkeit, sich zur Ausübung der Amtsgeschäfte für 18 Monate jeder gerichtlichen Verfolgung zu entziehen. Dafür ist eine einfache schriftliche Erklärung ausreichend. Nach der Genehmigung durch den Senat könnte das umstrittene Gesetz bereits nächste Woche in Kraft treten.

Indessen bereitet das Rechtsbündnis ein Immunitätsgesetz im Verfassungsrang vor. Die nötige Prozedur im Parlament dürfte mindestens ein Jahr dauern. (Gerhard Mumelter aus Rom/DER STANDARD, Printausgabe, 4.2.2010)