Insgesamt zehn Reisen nach Europa hat US-Präsident Barack Obama seit Amtsantritt unternommen, dabei 21 Länder besucht, zuletzt Dänemark im Rahmen des Klimagipfels im Dezember, so viel wie kaum einer seiner Vorgänger je zuvor. Nun hat er seine nächste Reise zu den transatlantischen Partnern beim Gipfel EU/USA im Mai in Madrid abgesagt - und damit an der Spitze der wichtigsten EU-Institutionen in Brüssel eine mittlere Sinnkrise ausgelöst.
Die versuchen, seit Inkrafttreten des EU-Vertrages von Lissabon vor zwei Monaten, einer gestärkten Außen- und Sicherheitspolitik Kontur zu geben.

Zwei ganz neue Ämter wurden geschaffen - das des ständigen Präsidenten des Europäischen Rates mit Hermann Van Rompuy und das der neuen EU-Außenministerin mit Catherine Ashton. Gemeinsam mit EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und dem alle sechs Monate wechselnden EU-Ratsvorsitz - derzeit Spanien - will die Union ihre Rolle global stärken. Insbesondere der Ratsvorsitz mit Spaniens Premierminister José Luis Zapatero drohte unter die Räder zu kommen. Die Absage Obamas hat dies nun bestätigt.

"Wenn Obama nicht kommt, gibt es keinen Gipfel", zitierte die Agentur Reuters am Dienstag einen namentlich nicht genannten EU-Diplomaten in Brüssel. Die spanische Präsidentschaft würde auf die Abhaltung des Treffens verzichten. Zapatero und auch der spanische König Juan Carlos wollen Obama aber noch überreden.

Ursprünglich wollten sich Rompuy, Zapatero, Barroso und Ashton in Madrid neben dem US-Präsidenten zum ersten Mal international groß präsentieren.

Ein Trost für Barroso könnte sein, dass nach Monaten der Ungewissheit nun die definitive Bestätigung der EU-Kommission im Europäischen Parlament erfolgen dürfte. Heute, Mittwoch, wird sich die bulgarische Kandidatin Kristalina Georgovina einer Anhörung im Ausschuss stellen. In einem Vorgespräch mit der Vorsitzenden soll die bisherige Weltbankdirektorin einen sehr guten Eindruck hinterlassen haben. Die Wahl der EU-Kommission findet am 9. Februar in Straßburg statt.(Thomas Mayer aus Brüssel/DER STANDARD, Printausgabe, 3.2.2010)