Die Grünen haben am Montag angekündigt, einen Abwahlantrag gegen den Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf zu stellen, weil er die Parlamentssitzung am Freitag vorzeitig verlassen hat, um den Ball des Wiener Korporationsrings zu besuchen. Er ließ sich im Parlament vom zweiten Nationalratspräsidenten Fritz Neugebauer vertreten (DER STANDARD berichtete).

Die Grünen dürften jedoch keine notwendige Zweidrittel-Mehrheit für ihren Antrag finden, berichtete das Ö1-Mittagsjournal am Dienstag. Nicht einmal die SPÖ will dem Antrag zustimmen. "Unfassbar, unannehmbar", sagt SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas zwar zum Verhalten Martin Grafs. Sie sei schon bisher für die Abwahl Martin Graf als Dritter Nationalratspräsident gewesen. Sie hoffe, dass die ÖVP nun einlenke. Gegen die Haltung der ÖVP will Rudas aber nicht abstimmen: "Ein Koalitionsabkommen bricht man nicht, wenn man noch miteinander arbeiten will."

SPÖ-Klubchef Josef Cap formuliert es anders: "Es gibt keinen Gesetzesentwurf und keine Zwei-Drittel-Mehrheit. Verhandlungen sind daher vorerst überflüssig." Das wären parlamentarische "Fingerübungen ohne jeden Effekt". Sobald nach den Grünen nun auch die ÖVP dafür wäre, könnte man sich hinsetzen und über einen Gesetzestext verhandeln, so Cap.

Kopf: "Entschuldigung reicht"

Die ÖVP ist jedoch nach wie vor gegen den Vorschlag, den Nationalratspräsidenten von den Abgeordneten abwählen zu lassen. ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf sagt, die ballbedingte Abwesenheit des freiheitlichen dritten Nationalratspräsidenten Graf sei nicht okay, Graf solle sich entschuldigen. Im Übrigen aber sei das alles kein Anlass für ein Gesetz zur Abwahl von Nationalratspräsidenten. ÖVP-Klubchef Kopf beharrt auf der Ansicht, dass eine Abwahl eines Nationalratspräsidenten aus politischen Motiven nicht gerechtfertigt sei. Dem werde man weiterhin nicht zustimmen.

Auch der aktuelle Anlass bewirkt bei Kopf keinen Meinungswandel: "Diese Diskussion jetzt zu führen im Lichte der Abwesenheit des Präsidenten von ein paar Stunden wegen eines Balles zeigt ja schon die Absurdität dieses Ansinnens. Das kann ja wohl nicht wahr sein, dass man deswegen einen Präsidenten abwählen will." Die Sache sei zwar zu kritisieren und Graf sollte sich dafür entschuldigen, aber eine Abwahl aus diesem Grund sei "völlig unverhältnismäßig", so Kopf.

Und auch Herbert Scheibner, Vizeklubchef des BZÖ winkt ab: Er ist gegen eine Gesetzesänderung wegen des Ballbesuchs. Er halte nichts von einer politisch motivierten Abwahl, so Scheibner.

"Grüne sind xenophob und intolerant"

Die FPÖ hat empört auf die Ankündigung Eva Glawischnigs, Martin Graf als dritten Nationalsratspräsidenten abwählen zu wollen, reagiert. Den angekündigten Abwahlantrag bezeichnete Norbert Hofer, stellvertretender Parteichef der FPÖ, am Dienstag in einer Aussendung als "billiges, durchsichtiges Polit-Manöver, um von der eigenen Beteiligung an der gewalttätigen Demonstration gegen den WKR-Ball abzulenken".

Glawischnig habe noch immer nicht verkraftet, dass sie als dritte Präsidentin abgewählt wurde. Wieder einmal zeige sich, so Hofer, dass die Grünen "xenophob und intolerant" seien, wenn sie gegen Veranstaltungen wie den WKR-Ball Stimmung machen würden. Die Grünen seien keineswegs tolerant, so Hofer. Auch die Kritik Glawischnigs an der Abwesenheit Grafs gehe völlig ins Leere, sei doch die Grünen-Parteichefin diejenige, die am häufigsten bei Plenarsitzungen fehle. (red, derStandard.at, 2.2.2009)