Welche Verlockung! 2,5 Millionen Euro soll der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) auf den Tisch legen. Dafür bekommt er von einem unbekannten Informanten Daten, mit deren Hilfe er hunderte Steuersünder überführen und dem deutschen Staat 100 Millionen Euro zurückholen kann. Von einer solchen Rendite träumt so manch risikobereiter Banker.

Man kann die zwei Seelen, die nun - ach - in Schäubles Brust wohnen, förmlich wispern hören. "Greif zu! Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt. Die Staatskassen sind leer und du brauchst doch jeden Cent. Es geht nicht an, dass die Reichen es sich in der Schweiz richten können, während wir hier in Deutschland kein Geld für neue Kindergärten und Schulen haben" , raunt die eine.

"Lass es bleiben! Diese Daten sind illegal erworben. Du rückst den Staat damit auf die Stufe eines gewöhnlichen Hehlers und belohnst einen Dieb finanziell" , erwidert die andere. Welche Qual für Schäuble. Originellerweise ist er Finanzminister und Jurist zugleich.

Bei allem Verständnis für die prekäre Lage des deutschen Finanzministers - in diesem Fall sollte Schäuble penibel auf die Einhaltung der Gesetze achten. Der Kampf gegen Steuerhinterziehung muss auf einer anderen Ebene stattfinden. Vielleicht nicht gleich so zielführend, aber ehrlicher ist es, gemeinsam mit anderen Staaten weiterhin Druck zu machen, anstatt eine dubiose CD zu nutzen. (Birgit Baumann, DER STANDARD, Printausgabe 1.2.2010)