Tiefschneeabfahrt mit Blick auf den Großglockner: Rund um Heiligenblut lockt vor allem abseits der Pisten der g'führige Schnee.
Foto: Klaus Dapra/Tiscover

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Wie viele Paar Ski Matthias Stonig besitzt, weiß er selbst nicht so genau. "Zwei oder drei Paar zum Tourengehen, zwei Paar zum Freeriden, dann noch ... zu viele jedenfalls." Heute hat der junge Skiguide aus Mallnitz wieder neue Dinger mit dabei: zwei knapp 190 cm lange bunte Bretter, die eher wie zwei schlanke Snowboards aussehen - ein Testski zum Tiefschneefahren, wie man noch vor zehn Jahren gesagt hätte.

Heute heißt es Freeriden, und dafür bietet der Ankogel an diesem Samstag im Jänner ziemlich gute Verhältnisse. Zwar hat es seit ein paar Tagen schon nicht mehr geschneit. Doch der nächtliche Wind hat im Oberkärntner Skigebiet abseits der bestens präparierten Pisten für eine pulvrige Neuschneeauflage gesorgt. Und die soll nun unter der Leitung des Experten befahren werden.

Dazu müssen wir uns zuerst einmal von der Talstation Mallnitz, dem ersten Kärntner Ort südlich des Tauernbahntunnels, hinaufbegeben. Mit zwei eher gemächlichen Gondelfahrten - dafür ganz ohne Anstellerei - ist die Bergstation Hannoverhaus auf 2636 Metern erreicht. Und da teilt sich dann die Pistenstreu vom Tiefschneeweizen.

Während die einen einfach abfahren, müssen die Freerider nach der Station noch ein paar Meter hinaufstapfen, um zu einer langen Querfahrt zu gelangen und so das unverspurte Gelände zu erreichen. Da, direkt neben den Felsen, geht es dann eher steil hinunter. Und da zeigt sich dann ziemlich schnell, dass es bei nicht ganz locker-luftigen Tiefschneeverhältnissen von Vorteil ist, erstens ein Freeride-Guide zu sein und zweitens auf speziell dafür gemachten Skiern hinunterzukurven.

Wobei kurven auch nicht ganz richtig ist: Während der mit stinknormalen Tourenskiern ausgerüstete Gast sich in engen Schlangenlinien hinuntermüht - und beim freien Reiten auch das eine oder andere Mal spektakulär abgeworfen wird -, lässt es der lokale Experte bei wenigen langgezogenen Hochgeschwindigkeitsschwüngen bewenden. Was auch eindeutig um einiges lässiger aussieht.

So geht es dann den ganzen Tag dahin: ohne Anstellen hinauf und im einsamen Tiefschnee vor herrlicher 3000er-Kulisse zur Mittelstation. Zum Schluss muss man dann leider doch wieder ganz hinunter, wo man dann jäh aus den Wedelträumen gerissen wird. In der Talstation hat die Skihüttengaudi nämlich bereits begonnen, die mit 120 Dezibel und zu vielen Beats per Minute die Skifahrerohren mit Texten wie "Ich will 'ne Frau ohne Arschgeweih" gnadenlos zudröhnt. Auch dafür wäre also in Oberkärntens Skigebieten im Notfall gesorgt.

Noch besser sind aber die dran, die ihren Spaß eher im unverspurten Gelände und in der Einsamkeit der Berge suchen. Dafür gibt es rund um die drei Skigebiete im Nationalpark Hohe Tauern - neben dem Ankogel noch der Mölltaler Gletscher und Heiligenblut - jede Menge Gelegenheiten.

In der Skiregion Großglockner/Heiligenblut sind die Pisten, die bis über 2900 Meter Seehöhe hinaufreichen, zwar ebenfalls wenig überlaufen. Noch exklusiver hat man es aber bei einer Skitour mit Martin Glantschnig in derselben Gegend. Der Bergführer, Skitourenguide und Eiskletterlehrer kennt die Bergwelt rund um den Großglockner wie seine Fleecewestentasche und führt Skitourenneulinge regelmäßig auf kleine Gipfel rund um das Skigebiet.

Weil seine Beschreibungen dieser Touren alle auch im Internet zu finden sind, kann man diese Kurztouren mit der richtigen Ausrüstung, etwas Erfahrung und bei günstiger Schneelage natürlich auch in Eigenregie gehen. Zum Beispiel die Tour hinauf in Richtung Magrötzkopf.

Das Originelle dieses Aufstiegs: Man quert dabei die kaum kenntliche, da völlig verschneite Straße hinauf aufs Hochtor, auf der sich die Radler im Sommer die steilen Serpentinen hinaufquälen. Die winterliche Aufstiegsspur im lockeren Pulverschnee ist noch um einiges steiler und führt weiter hinauf zur Bergwertung auf rund 2700 Meter Seehöhe.

Wenn man sich als Neuling fragt, warum man sich die Mühen des Anstiegs antut, wo doch die Lifte so nah wären, dann gibt die Abfahrt durch den Pulverschnee die Antwort: weil Wedelträume wahr werden. (Klaus Taschwer/DER STANDARD/Printausgabe/30.1.2010)