Wien - Beatrix Karl ist Dienstag früh in der Hofburg in Wien von Bundespräsident Heinz Fischer als neue Wissenschaftsministerin angelobt worden. Fischer sprach von einer schönen Aufgabe für Karl und wünschte ihr "den besten Erfolg". Nach der Gelöbnisformel "Ich gelobe" bekräftigte Karl diese per Handschlag und mit ihrer Unterschrift. Begleitet wurde die Neoministerin von ihren Eltern und Geschwistern.
"Voll Respekt und Ehrfurcht"
"Voll Respekt und Ehrfurcht" hat Karl das Amt von ihrem Vorgänger Johannes "Gio" Hahn übernommen. Dieser überreichte der wegen ihres Gipsbeins in einem Sessel sitzenden "Trixi" (Hahn) in einer "Spezialübergabe" den Schlüssel zum Ministerium mit Seemannsknoten als Anhänger, weil das Ministerium manchmal ähnlich zu steuern sei wie ein Schiff in rauer See.
Zudem gab es für Karl neben einem Blumenstrauß auch eine Grafik vom österreichischen Hochschulraum, in der alle heimischen Einrichtungen des tertiären Bildungssektors eingezeichnet sind und der die Komplexität ihrer neuen Aufgabe zeigen sollte. "Allein diese Karte zeigt, wie viel es zu tun gibt", kommentierte die Ministerin ihr Einstandsgeschenk.
"Das schreit schon so ein bissl nach mehr Kooperation", sinnierte Karl über mehr Zusammenarbeit zwischen Unis, Fachhochschulen, Wirtschaft und inner- und außeruniversitären Einrichtungen. Eine Wiedereinführung der Studiengebühren bezeichnete sich als "nicht alles entscheidende Frage". Wichtiger sei vorerst, die Fehlentwicklungen bei der Umsetzung der Bologna-Struktur zu reflektieren. Sie wolle vieles, was Hahn initiiert hat, fortsetzen, aber ihren eigenen Weg gehen.
Auf dem Weg zu ihrem ersten Ministerrat ins Bundeskanzleramt hatte Karl zuvor ein Grüppchen aufgebrachter Studenten erwartet.
Grüne: Karl startet mit "Provokation"
Die Grünen empfingen Karl im neuen Amt weit weniger freundlich als Staatsoberhaupt Fischer: "Das Streitthema Nummer eins - die Studiengebühren - als erstes aus der Mottenkiste zu holen, zeugt von völlig fehlender Sensibilität", richtete Grünen-Chefin Eva Glawischnig der neuen Ministerin aus. "Das ist reine Provokation." Damit stelle sich Karl vom ersten Tag an auf die falsche Seite.
Mit diesem "ÖVP-alt"-Zugang führe Karl den laufenden Hochschuldialog "ad absurdum", meinte Glawischnig. "Statt offen den Dialog zu suchen, stößt sie all jene vor den Kopf, die sich um vernünftige Lösungen für Österreichs Hochschulen bemühen."
Wenn die Ministerin dafür plädiert, dass Studienbeiträge wieder bezahlt und Zugangsbeschränkungen verschärft werden müssen, missachte Karl auch Nationalratsbeschlüsse, findet Glawischnig: "Das zum Amtsantritt zu tun, ist nicht vertrauensbildend." Die Grünen-Chefin erwartet sich von Karl bei ihrer Vorstellung im Nationalrat eine Klarstellung, "für wie bindend sie Beschlüsse des Parlaments hält".
SPÖ reagiert auf Karls Wünsche frostig
Ähnliche Kritik kam von SPÖ-Seite: Der Wiener Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny attestierte einen schlechten Start. Es sei "traurig, dass Beatrix Karl ihre Tätigkeit mit dem eingefrorenen Posthorn Studiengebühren beginnt". Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) und die rote Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl erteilten Karls Ruf nach der Renaissance von Studiengebühren ein klares Nein.
Kritik an Opposition und Koalitionspartner übte VP-Generalsekretär Fritz Kaltenegger. Anstatt im Dialog auf Karl zuzugehen, würde die Opposition ihr gleich "Prügel vor die Füße schmeißen", so Kaltenegger in einer Aussendung. Verwundert ist er über "Attacken der SPÖ": "Die von SPÖ-Chef Faymann gepredigte Gemeinsamkeit wird immer öfter durch Heckenschützen aus der zweiten Reihe konterkariert." (red, derStandard.at, 26.1.2010/APA)