Wien - Erst gröbere Ungereimtheiten bei der rumänischen Tochter, dann noch der Ausstieg des Mehrheitsaktionärs: Österreichs Marktführer bei Factoring, die Intermarket Bank, hat derzeit nichts zu lachen. Die Commerzbank will nach dem Einstieg vor zehn Jahren ihre Mehrheitsbeteiligung verkaufen und hat dazu die Investmentbank Rothschild beauftragt. Als Gründe für den Rückzug werden EU-Auflagen im Gegenzug zum Erhalt von Staatshilfen in Deutschland genannt.
Derzeit sammeln die Mitarbeiter der Intermarket eifrig für den Verkauf relevante Dokumente. Bestätigen will Vorstandschef Theo Hibler die bevorstehende Transaktion aber nicht, weil dies eine Sache der Eigentümer sei, wie er erklärt. Dementiert wird freilich auch nicht. Wer den Marktführer mit einem Volumen von 6,3 Mrd. Euro angekaufter Forderungen übernehmen soll, ist derzeit völlig unsicher. Das Kaufinteresse soll sich in Grenzen halten, heißt es in der Branche.
Nicht gerade beflügelt wurde das Ansinnen möglicher Bieter durch die Schieflage der früheren rumänischen Beteiligung Compania de Factoring. Sie wurde Opfer offenbar betrügerischen Aktivitäten und saß „Kunden" auf, die fiktive Forderungen verkauften. Die komplette Abschreibung des Beteiligungsansatzes kostete schon 2008 3,7 Mio. Euro. Danach trennte man sich von dem Unternehmen.

Behörden ermitteln

Beim Factoring finanzieren sich Lieferanten, indem sie Forderungen verkaufen und so schneller an das Geld der Abnehmer kommen. Doch würden nicht alle Rechnungen einzeln geprüft, schildert Hibler. In Rumänien zahlten dann drei Großkunden ziemlich zeitgleich nicht zurück. Jetzt ermitteln die Behörden. Hibler räumt ein, dass Intermarket in dem Land „zu ehrgeizig expandiert" habe. Auch hätten personelle Änderungen dazu geführt, dass man zu späte auf den Betrug aufmerksam geworden sei.
Während die Commerzbank über ihre polnische Tochter BRE Bank ihren 56,2-prozentigen Anteil verkaufen will, könnte der Sparkassensektor Drittel-Aktionär bleiben. Die Kooperation zwischen der Intermarket Bank und den Sparkassen soll gut funktionieren. Die restlichen zehn Prozent gehören dem französischen Kreditversicherer Coface, der mittlerweile selbst im Factoring aktiv ist. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.1.2010)