derStandard.at: Vor zehn Jahren verhängten die EU-14 Sanktionen über Österreich. Was denken Sie heute darüber?

Böhmdorfer: An die EU-Sanktionen und den Weisenbericht denke ich mit großer Empörung und Verbitterung zurück. Die drei Weisen waren für mich politisch gesteuert. Über die Kritikpunkte im Weisenbericht, die mich betreffen, haben sie nie mit mir gesprochen. Da haben sie die primitivsten Grundsätze, die Betroffenen anzuhören, außer Acht gelassen. Sie haben mir auch die Protokolle verweigert. Man hätte viel erfahren: was wer über Österreich sagt und mit welcher Intention. Ich halte das für eine zeitgeschichtlich wirklich wichtige Phase.

derStandard.at: Haben die Sanktionen nachhaltige Veränderungen gebracht?

Böhmdorfer: Da muss ich sagen: leider nein. Man hätte das in der EU viel mehr diskutieren müssen. Ganz Europa wurde gegen Österreich aufgehetzt. Das hätte aus meiner Sicht viel mehr Empörung auslösen sollen. Man hat das viel zu sehr als politische Unmutsäußerung hergenommen. In Wirklichkeit war das ein massiver undemokratischer Rechtsbruch. Ich verstehe, dass es unterschiedliche Auffassung und Meinung gibt. Aber deshalb ein Land zu sanktionieren? Das Verhalten war völlig unangemessen.

derStandard.at: Aber der Regierung innerhalb Österreichs haben die Sanktionen ja nicht unbedingt geschadet?

Böhmdorfer: Ja, man hat damals geglaubt, dass das die Regierung zusammengeschweißt hätte, aber in Wirklichkeit hätten wir viel lieber in Ruhe gearbeitet. Ich bin aus sachpolitischen Gründen in die Politik gegangen und war entsetzt, was da für Spielregeln herrschen. Ich habe es nicht so empfunden, als ob das die Regierung zusammengeschweißt hätte.

derStandard.at: Österreich ist das einzige EU-Land, über das Sanktionen in der Form verhängt wurden. Wieso ist das so?

Böhmdorfer: Ich glaube, dass die österreichischen Politiker, die auf EU-Ebene tätig sind, ein zu schwaches Durchsetzungsvermögen haben. Wir haben uns erst jetzt wieder blamiert mit dem Hick-Hack um den EU-Kommissar. Wenn man sich für die EU erkennbar so blamiert, dann hat man ein schwaches Standing. Wir waren immer ein braves, kooperatives Land und haben zu wenig Anerkennung. (rwh, derStandard.at, 21.1.2010)