Aschkabad/Moskau - Erst Ende Dezember tauchte die Wahlankündigung in den Medien, die alle in staatlicher Hand sind, auf. Geheimnisvoll blieb bis zum Schluss, welche Kandidaten aufgestellt werden. Klar war lediglich, dass am Sonntag nur einige der 3000 Sitze im Nationalrat und der 50 Sitze im Parlament von Turkmenistan neu vergeben würden. Politischen Beobachtern zufolge bedeuten Wahlen im offiziell neutralen Turkmenistan ohnehin nur, dass schließlich doch der unumschränkte Turkmenbashi ("Herr aller Turkmenen") Saparmurat Nijasow die Mandate selbst vergibt.

Aufgestellt war ausschließlich die Präsidentenpartei "Demokratische Partei Turkmenistans". Auch hat es Tradition, dass die 2,2 Millionen Wähler des zentralasiatischen Landes so gut wie keine Informationen erhalten. Nijasow, mit größenwahnsinnigem Personenkult gefeiert, hält die Fiktion von Wahlen aufrecht - 1999 lag die Beteiligung "sowjetisch" bei 98,9 Prozent. Dass der seit 1992 regierende und 1999 zum Präsidenten auf Lebenszeit ernannte Herrscher den Urnengang jetzt ansetzte, deuten manche als Reaktion auf den Attentatsversuch gegen ihn im vergangenen November. Nijasow beabsichtigte möglicherweise die staatlichen Strukturen auf Loyalität hin zu durchforsten.

Machtkämpfe

Dem Mordversuch, dessen Hintergründe unklar sind, folgten eine weitere Verschlechterung der Menschenrechtssituation sowie Verhaftungen und Folter Dutzender Verdächtiger. "Turkmenistan ist mehr eine Art Privatgefängnis", diagnostizierte denn auch Aaron Rhodes von der Internationalen Helsinki-Föderation. Als Drahtzieher des Attentats ließ Nijasow den Exaußenminister Boris Schikhmuradov verurteilen und vermutlich unter Drogenanwendung zu einem öffentlichen Bekenntnis zum Mordkomplott bringen. Schikhmuradov war Kopf einer Exiloppositionsgruppe, die sich mit der zweiten Intellektuellenopposition um Aydy Kuliev nicht über ein Zusammengehen einigen konnte.

Wie der Turkmenien-Kenner Philip Noubel analysierte, sei das Attentat ein sichtbarer Beweis für gärende Machtkämpfe im Land. Wachsende Unzufriedenheit in Geheimdienst und Militär würden Abhängigkeit von seiner 3000 Mann starken Präsidentengarde steigern. Jedenfalls sei seine Position gefährdet. Der 63-Jährige schiebe auch eine Herzoperation in einem europäischen Krankenhaus vor sich her, da er weitere Schritte gegen seine Autorität während seiner Abwesenheit fürchte. (Eduard Steiner, DER STANDARD, Printausgabe, 7.4.2003)