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Wien/Brüssel - Seit Jahren bastelt der Basler Ausschuss der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) unter Vorsitz des Präsidenten der New Yorker Notenbank, William McDonough, an einer Verschärfung der Eigenmittelvorschriften für Banken, die Anfang 2007 in Kraft treten soll. Knapp vor der Endfassung eines endgültigen Entwurfs, die für Herbst dieses Jahres vorgesehen ist, springen die Amerikaner ab. In den USA wird die Basel II genannte Neuregelung nur für etwa zehn Banken zwingend vorgeschrieben werden, alle anderen können sich ihr freiwillig unterwerfen oder bei den derzeit gültigen Bestimmungen (Basel I) bleiben, berichtet der Vizepräsident der Wirtschaftskammer Österreich, René Alfons Haiden.

Kritisiert wird von den Amerikanern die hohe Komplexität der Vorschläge, die zusätzliche Bürokratie bedeute. Als besonders großes Problem wird die prozyklische Wirkung angesehen, die von Basel II ausgehe. Eine Studie der Credit Suisse First Boston (CSFB) habe ergeben, dass die Bank nach den Regeln von Basel II im konjunkturell schwachen Jahr 2002 ihr Kreditvolumen um 20 bis 30 Prozent hätte reduzieren müssen. Die Implementierungskosten von Basel II werden für die CSFB mit 70 bis 100 Mio. Dollar beziffert. Weltweit wären mehrere Milliarden Dollar dafür notwendig. Für die österreichische Kreditwirtschaft geht Haiden, Basel-II-Spezialist der Kammer, von 300 bis 500 Mio. Euro aus.

Prozyklische Wirkung

Der Bankenexperte des Instituts für Wirtschaftsforschung, Franz Hahn, bestätigt die prozyklische Wirkung von Basel II. Dadurch würden die Tendenzen der Banken, in der Hochkonjunktur das Kreditrisiko zu unterschätzen und in der Rezession überzubewerten, noch verstärkt, was in Österreich besonders die konjunkturabhängigen Branchen wie Fremdenverkehr, Bauwirtschaft und exportorientierte Sachgüterproduktion treffen würde.

Auch das Kostenargument ist für Hahn stichhaltig. Basel II werde einen "wahnsinnigen Administrationsaufwand" verursachen, der vor allem kleinere und mittlere Institute, aber auch die Bankenaufsicht überfordern werde. Eine abgeschwächte Regelung für nur regional tätige Geldinstitute sei daher überlegenswert.

Höhere Kosten

Auch Haiden sieht die Banken durch Basel II mit zusätzlicher Bürokratie und damit höheren Kosten konfrontiert. Schon deshalb müsse die öffentliche Hand Maßnahmen setzen, um den Instituten bestehende Hürden aus dem Weg zu räumen. In erster Linie fordert er die Abschaffung der europaweit einzigartigen Kreditvertragsgebühr in Höhe von 0,8 bis 1,5 Prozent der Kreditsumme. Auch die Grundbuchgebühr sowie die Gesellschaftssteuer gehörten beseitigt. Außerdem sollten die Bürgschafts- und Garantieinstrumente der öffentlichen Hand ausgebaut werden. Und den Banken rät er, alternative Finanzierungsinstrumente wie Mezzaninkapital oder private Beteiligung an Unternehmen zu forcieren.

In der EU zeigt man sich von dem Ausscheren der Amerikaner wenig beeindruckt. "Das ist weitestgehend deren eigenes Problem", findet Jonathan Todd, Sprecher von EU-Binnenmarktkommissar Frits Bolkesteien, und kann keine Wettbewerbsnachteile für europäische Firmen oder Finanzhäuser erkennen.

Gelassen gibt sich auch der Basel-II-Berichterstatter im Europäischen Parlament, Alexander Radwan. Man habe von Anfang an gewusst, dass die USA das Abkommen nur bedingt umsetzen wollen. Neu sei nur, "dass es nun noch weniger wird". Für das Parlament werde es aber dadurch leichter, Veränderung an Bolkesteins künftigem Richtlinienvorschlag durchzusetzen. "Das gibt uns neue Möglichkeiten der Flexibilisierung". (Günter Baburek Jörg Wojahn, Der Standard, Printausgabe, 05.04.2003)