Der Ferrari 599 GTB bleibt für viele nur ein Traum.

Foto: Werk

Marque ist gerade einmal drei Jahre alt und hat ehrlich gestanden massive Probleme damit, "Danke" zu sagen. Lamborghini kann er aber aussprechen, und wenn es jemand wagt, Lambortschini zu sagen, ist er auch sofort zu jeder Rüge bereit. Marque wird auf der Vienna Autoshow das erste Mal in einem Lambo sitzen, wie er ihn inzwischen immer öfter und in tiefer Verbundenheit nennt. "550 PS hat der Gallardo", weiß er, "und zehn Zylinder." Was Marque nicht weiß, ist, dass der Gallardo in der Stadt gut und gerne seine 20 Liter braucht, selbst wenn man das Gaspedal so pfleglich behandelt wie er seinen Spielzeug-Lambo.

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Auf der Vienna Autoshow steht neben dem fast 200.000 Euro teuren Gallardo LP550-2 "Valentino Balboni" der noch einmal rund 50.000 Euro teurere Murcielago LP670-4 Super Veloce. Der 670 PS starke Stier beschleunigt in 3,2 Sekunden auf 100 km/h und hängt damit sogar Marque ab, wenn der Gemüse in Kombination mit einem Plastiklöffel sieht. Marque ist davon überzeugt, dass er auch einmal einen Lambo fahren wird – und gelb wird er sein der Lamborghini. Wie die Jacke, die er als Baggerfahrer, der er einmal werden möchte, tragen wird. Ob es ein Gallardo wird oder der Murcielago – der für ihn übrigens genauso unaussprechlich ist wie der Satz: "Ich geh jetzt schlafen!" -, wird er auf der Messe entscheiden.

Audi R8 quattro Spyder
Marque wird von seinem Vater auf die Messe begleitet. Adi ist Rechtsanwalt und schwärmt für deutsche Sportwagen. Die könnte er sich, unter Entbehrungen etwa beim Lebensmittel-Einkauf, "grad einmal so leisten. Die Menge Gemüse, die wir daheim haben, isst sowieso keiner." Der Audi R8 würde Adi gefallen, und er wird sich auf der Messe den R8 quattro Spyder genauer anschauen.

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"Der 5,2 Liter große Zehn-Zylinder-Mittelmotor hat eine andere Laufruhe als mein alter A4 und mit 525 PS auch gleich ein wenig mehr Schmalz." In etwas mehr als vier Sekunden sprintet der Gänsehaut-Audi auf 100. Seinen Sohn im Lambo könnte er also nur mit Fahrtechnik in Schach halten, was dieser Tage aber noch kein Problem sein wird. "Die 100 Liter Kofferraum reichen locker für meine Sporttasche. Und fürs Einkaufenfahren können wir eh den alten A4-Kombi behalten."

Porsche mit und ohne Dach
Günstig ist der R8 quattro Spyder mit seinen rund 197.000 Euro immer noch nicht. Das hat Adi unterschätzt. Denn eigentlich ist er ja ein wenig konservativ, meint er, und nicht unbedingt ein Markenhopper. Aber: "Um das Geld könnte man auch fast drei Porsche Boxster fahren, und im Vergleich zum R8 ist der ein Vernunftauto." 255 PS holt der Boxster aus dem nicht einmal drei Liter großen Mittelmotor. Und mit 290 Newtonmeter Drehmoment kämpft er klar in einer anderen Liga als der R8 mit seinen 530. Zudem braucht der Porsche mit 9,1 Litern (mit dem Automatikgetriebe) um ein Drittel weniger Sprit als der R8, der sich übrigens den Champagner unter den Zapfsäulen-Saftl holt, den SuperPlus mit mindestens 98 Oktan. Weniger Fahrspaß verspricht sich Adi vom Boxster auch nicht. "Was fahr ich denn schon? Es ist halt ein alter Bubentraum, einmal Porsche zu fahren."

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Auf der Autoshow wird neben dem Boxster auch der Cayman stehen. Der wartet in der Standard-Version mit 265 PS auf, als S mit 320. Aber wenn er sich schon so einen Superwagen zulegt, meint Adi, "dann muss mir auch der Wind um die schütteren Haare wehen. Was anderes als ein Roadster kommt mir nicht in die Garage."

Mercedes baut einen Klassiker
Ob Adi aber standhaft bleibt und keinen koketten Blick wirft, wenn er am Mercedes-Stand vorbeigeht, bleibt abzuwarten. Der SLS AMG wird mit seinen Flügeltüren die Augen und die Herzen der Messebesucher auf sich ziehen wie ein Zuckerwatte-Verkäufer den Marque. Die Flügeltüren haben aber auch einen stolzen Preis: Um 212.500 Euro bekommt man einen edlen Sportwagen mit 571 PS aus über 6,2 Liter Hubraum. Keramikbremsen, Sportschalensitze oder das Performance-Fahrwerk kosten aber natürlich extra. "Ein fesches Auto", meint Marques Mutter Martina, "heute schon ein Klassiker."

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Aber Martina meint auch: "Der kommt uns nicht ins Haus. Kommt gar nicht in Frage." Der Grund für Martinas strikte Ablehnung ist aber nicht die anstehende Renovierung der Küche, wie der geneigte Chauvie jetzt lechzt, nein, es ist die "Luschenhaftigkeit vom Adi." Das wollen wir genauer erklärt haben: "Schau, ein Ferrari, das wäre ein Traum. Aber den will ich nicht auf der Wiedner Hauptstraße ausstellen und einmal im Jahr damit auf den Pogusch fahren. So ein Auto gehört auf die Rennstrecke. Aber der Adi kriegt ja schon einen halben Herzkasperl, wenn ich auf der Autobahn über 100 fahre. Da braucht ihm sein A4 schon zuviel Sprit."

Ferrari 599 GTB
Welcher Ferrari Martina reizt, verrät sie uns auch: "Der 599er GTB. Der ist schon fix und fertig für die Rennstrecke. Das Getriebe kommt aus der Formel1, die 6-Liter-V12-Maschine leistet über 100 PS pro Liter und dreht dabei bis 8400 Touren. Fahrwerk und Aerodynamik sind voll auf Rennstrecke ausgelegt. Ein geiles Auto."

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Am Ferrari-Stand wird neben dem 599 GTB auch der California stehen. "Der ist süß, aber halt schon mehr ein Spielzeug", sagt Martina. Was für eine solide Bezeichnung für den 460 PS starken V8 aus Maranello. "Ich freu mich, solche Autos zu sehen, würde sie auch gerne fahren, aber daraus werden, wird wohl nie was", bleibt Martina am Boden der Realität.

Aber wer weiß, wenn Marque, nachdem er den Baggerschein gemacht hat, doch noch die Kanzlei vom Papa übernimmt und dieser bis dahin fest weiterbuckelt, kann Marque ja zumindest die Hälfte seines Versprechens wahr machen und dann halt mit einem Elternteil am Wochenende mit dem Lambo ausfahren. Das Problem, dass er mit dem Zweisitzer schlecht Papa und Mama mitnehmen kann, hat er nämlich übersehen. Was aber wieder ganz klar macht: Fahren wird den Lambo nur er. Seinen Eltern borgt er ihn dann nicht. Da fährt der Bagger drüber! (Guido Gluschitsch)