I-Wolf Presents:
Souls Strata
(Klein Records/ Soul Seduction)

Foto: Klein Records

Der 30-jährige Wiener Wolfgang Schlögl, Mitglied der Elektronik-Band Sofa Surfers, veröffentlicht als "I-Wolf" sein großartiges Solodebüt "Soul Strata". Ein dunkel gefärbtes Konzeptalbum mit reichlich Seele.


Wien - "Ein Mann kann einer Frau seine Gefühle offenbaren, ohne dass sofort schmalzige Streicher strapaziert werden, die jede Glaubwürdigkeit zum Klischee verkommen lassen. Man kann sich auch mit düsteren Ausdrucksmitteln dem Thema Liebe nähern."

Stimmt. Der Mann, der das sagt, Wolfgang Schlögl, beweist es. Die eindringlichen Sounds auf seinem Album Soul Strata haben ihre Wurzeln zwar im abstrakten HipHop und Funk, trotzdem erscheinen sie stark emotionalisiert - ja "menschlich" -, werden also nachvollziehbar. Zusätzlich zu der dunkelblau getönten Musik formulieren die herausragenden Stimmen Damon Aarons und Ken Cesars die Gefühlswelten ihres Arbeitgebers.

Wolfgang Schlögl ist Mitglied der international bekannten Wiener Elektronik- Band Sofa Surfers und hat eben sein Solodebüt als I-Wolf veröffentlicht. Eine Art Konzeptalbum über eine Beziehung, die er über zehn Jahre und zwei Kontinente hinweg geführt hat. Ein gefährliches Terrain. Immerhin besitzen Konzeptalben den Ruf, sich meist subjektiv überbewerteter Themen anzunehmen und diese in entsprechend anstrengenden Ergüssen öffentlich abzuhandeln. Nicht Schlögl.

Zwar lässt er Damon Aaron bereits in der drückenden Eröffnungsnummer "Be careful who you love" singen, dem erhobenen Zeigefinger von Lebensberatern versagt sich das Werk jedoch. Schlögl: "Ich habe bloß versucht, mich meinen Lebensumständen musikalisch zu nähern und darin spielte die Beziehung natürlich eine tragende Rolle."

"Rau und lyrisch"

Was bedeutet in diesem Zusammenhang Soul Strata? "Strata bedeutet so viel wie Sphäre. Ich hab' den Begriff von Natural Black Inventions: Root Strata, einem Album des blinden Saxofonisten Rahsaan Roland Kirk entnommen, der dieses Album allein eingespielt hat. Mit seinen Saxofonen und mit Tschinellen an Armen und Beinen hat er wie eine komplette Band geklungen - sehr rau und lyrisch. Das hat mich angesprochen - schließlich saß auch ich allein im Studio und pendelte zwischen den 'Sphären' - also den USA und Europa."

Im Gegensatz zu den Sofa Surfers, die ihre Motive gerne über das Maß ausschlachten, überrascht I-Wolf mit präziser Lässigkeit. Ein neuer Wesenszug? Schlögl: "Ich habe mir eine virtuelle Band überlegt, so wie Kirk das vielleicht auch getan hat. Dann habe ich alle Tracks anhand gewisser Vorgaben eingespielt. Die Harmonien sind fast immer von den Bläsern getragen usw. Damit wollte ich dem Album eine möglichst hermetische Identität zu verleihen."

Das gelingt ihm, ohne uniform zu werden, ausgezeichnet. Den Begriff "Soul", gibt der 30-Jährige zu, habe er "lediglich als Reizwort mit in den Titel genommen." Trotzdem verleihen die beiden Sänger Damon Aaron, den I-Wolf aus Los Angeles kennt, und der umtriebige Wiener Ken Cesar dem Album mit ihrem kongenial betonten Rhythm-'n'-Blues-Gesang Gefühlstiefe und eine hypnotisch originäre Atmosphäre.

Zutaten also, die angesichts der herrschenden Thematik unverzichtbar sind. Schlögl: "Ich achtete darauf, die Sänger nicht bloß zu Melodienbringern zu degradieren. Gerade mit Cesar war die Arbeit extrem produktiv. Trotz seiner Jugend hat er ziemlich genau kapiert, um was es mir geht. Er hat letztlich sogar die Texte geschrieben."

Diese Zusammenarbeit führt über die Albumlänge zu beachtlichen Ergebnissen. Egal ob abgebremste Drum- and-Bass-Rhythmen oder schlacksige HipHop-Beats eingestzt werden, empfindet man Soul Strata als homogenes Werk und nicht bloß als Anhäufung von Tracks gewordenen Ideen. Neben seiner dichten Soundästhetik blitzen schließlich sogar ein paar potenzielle Hits wie Positivity auf: eine Funknummer, die auch auf einem Album der britischen Stereo MCs nicht aus dem Rahmen fallen würde.

Soul Strata kann man - trotz des heiklen Arbeitsansatzes - zu den originärsten heimischen Veröffentlichungen der letzten Jahre zählen. (DER STANDARD, Printausgabe, 4.4.2003)