Nach dem vereitelten Flugzeugattentat kritisieren viele die geplante Rückkehr von Guantánamo-Insassen in den Jemen. Präsident Barack Obama räumte Fehler ein, da die CIA Hinweise zum Attentat nicht verfolgt hatte.

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Washington - Es ist Barack Obamas heiligstes Versprechen: Die Schließung des Gefangenenlagers Guantánamo auf Kuba. Innerhalb eines Jahres sollte der Schandfleck der Bush-Ära beseitigt sein. Doch das vereitelte Flugzeugattentat des Nigerianers Umar Faruk Abdulmutallab könnte die Schließung infrage stellen.

Die Enthüllungen des TV-Senders ABC, dass zwei der vier Drahtzieher des Attentats ehemalige Guantánamo-Insassen seien, setzen den US-Präsidenten schwer unter Druck. "Häftling Nummer 333" und "Häftling Nummer 372" sollen nach ihrer Freilassung Führungsrollen bei der Al-Kaida im Jemen übernommen haben. Dort soll das Attentat geplant worden sein. Rund 90 der 198 Häftlinge, die derzeit noch auf Kuba einsitzen, sind Jemeniten - und nach Obamas Konzept sollen viele von ihnen in ihre Heimat zurück dürfen. Laut Washington Post erhielten bereits 34 Jemeniten grünes Licht.

Die Senatoren John McCain, Lindsey Graham und Joseph Lieberman forderten Präsident Barack Obama bereits am Dienstag auf, die geplante Übergabe von sechs Insassen solange auszusetzen, bis die Sicherheitslage in dem Land garantiert werden könne. Zurück in den Jemen sei lediglich ein anderes Wort für "zurück auf das Schlachtfeld" , sagte der republikanische Abgeordnete Pete Hoekstra. Ähnlich sieht das sein demokratischer Kollege und Vorsitzender des Heimatschutz-Ausschusses Bennie Thompson: "Mehr Leute in den Jemen zu schicken ginge wohl etwas zu weit." Das Ganze müsse noch einmal überdacht werden.

Das Dilemma von Obama: Auch ein Fortbestehen des Lagers kann kaum im Sicherheitsinteresse der USA liegen. US-Regierungsexperten warnen, Al-Kaida nutze "Guantánamo" geradezu als Kampfbegriff und als Argument, neue Kämpfer gegen die USA zu mobilisieren.

Katastrophale Mängel

Nachdem bekannt wurde, dass Abdulmutallab kein Flugverbot erteilt worden war, obwohl selbst sein Vater die USA vor den radikalen Absichten seines Sohnes gewarnt hatte, räumte Obama "potenziell katastrophale" Sicherheitsmängel ein. Der Attentäter hätte angesichts der vorliegenden Informationen kein US-Flugzeug betreten dürfen. Die CIA dürfte entsprechende Warnungen nicht weitergegeben haben. Das Weiße Haus erwarte bis Donnerstag einen ersten Bericht der Behörden, so der Präsident. Unterdessen werden Ziele im Jemen für mögliche Vergeltungsschläge gesucht. Der Jemen ist als neue Hochburg der Al-Kaida im Visier der US-Geheimdienste. Als Kopf der Al-Kaida auf der arabischen Halbinsel gilt inzwischen der Saudi-Araber Saeed al-Shehri. Auch er saß bis November 2007 in Guantánamo ein.

In Nigeria hat der nationale Sicherheitsberater Abdul Sarki Mukhtar dem Geheimdienst des Landes im Zusammenhang mit dem gescheiterten Anschlag Versagen vorgeworfen. Der Geheimdienst NIA habe über einen Bericht über Abdulmutallab verfügt, nach dem dessen Vater sich aus Sorge über die zunehmende Radikalisierung seines Sohnes an einen Geheimdienstoffizier gewandt hatte. Dieser Bericht sei jedoch nicht den anderen Sicherheitsbehörden bekanntgemacht worden. (AFP, AP, dpa, Reuters/DER STANDARD, Printausgabe, 31.12.2009)