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Kein Olympia, kein Hoffmann.

Foto: APA/Techt

Wien - Mit einem Paukenschlag in der österreichischen Doping-Causa ging das Jahr 2009 zu Ende. Die Disziplinarkommission der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA) hat am Silvestertag Langlauf-Olympiasieger Christian Hoffmann mit sofortiger Wirkung suspendiert, dieser beendetet daraufhin seine Karriere. Da die Anhörung des Oberösterreichers laut Hoffmanns Anwalt Hans-Moritz Pott am 29. Jänner und damit nach der letzten Qualifikationsmöglichkeit stattfinden soll, wären die Olympischen Spiele im Februar 2010 in Vancouver ohne den Champion von Salt Lake City 2002 in Szene gegangen.

"Aufgrund all der Dinge, die vorgefallen sind, habe ich keine Chance mehr auf die Olympiaqualifikation. Und nachdem es ohnehin meine letzte Saison gewesen wäre, werde ich jetzt sofort aufhören", begründete der mit drei Medaillen bei Olympia und WM (zweimal Gold und einmal Bronze) erfolgreichste ÖSV-Langläufer seine Entscheidung. Sein Ziel sei gewesen, noch ein gutes Rennen in Vancouver zu laufen, diese Chance bekomme er nun nicht mehr. Er werde sich aber, sagte Hoffmann, "mit allen möglichen Mitteln gegen die Anschuldigungen wehren".

Hoffmann, der vergangenen März wegen nicht regelkonformer Blutwerte vom Weltverband (FIS) mit einer zweiwöchigen Schutzsperre belegt worden war, war vom Dopinskandal bei den Olympischen Spielen 2006 in Turin nicht betroffen gewesen. Er befand sich zum Zeitpunkt der Razzien der italienischen Polizei noch in Österreich und reiste wegen einer Erkrankung nicht mehr zum abschließenden 50-km-Rennen ins Piemont.

Dopingverfahren

Gegen den Salzburger läuft seit Mitte Dezember ein Dopingverfahren. Es liegt zwar kein positiver Dopingtest vor, er steht allerdings im Verdacht, Mitbesitzer einer Zentrifuge zum Blutdoping gewesen zu sein. Seit Mai läuft gegen ihn bei der Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen mutmaßlicher Verstöße gegen das Anti-Doping-Gesetz. Die NADA dürfte in den Ermittlungsakten der SoKo Doping auf mögliche Dopingvergehen des Mühlviertlers gestoßen sein.

Der Staffelweltmeister von 1999 soll einer jener Spitzensportler sein, die neben Ex-Radprofi Bernhard Kohl unter Mithilfe des mutmaßlichen Drahtziehers Stefan Matschiner zu Dopingzwecken eine Blutzentrifuge angeschafft haben. Kohl, der Doping gestanden hat, hat Hoffmann der Mitbesitzerschaft beschuldigt, laut Anwalt Pott soll Matschiner den Mühlviertler allerdings entlastet haben. Hoffmann, für den die Unschuldsvermutung gilt, hat Doping bzw. eine Verwicklung in die Vorgänge um die Zentrifuge stets bestritten.

Suspendierung

Per Mail wurde nun am Donnerstag die Suspendierung ausgesprochen. "In meinen Augen ist die Vorgehensweise rechtsstaatlich äußerst bedenklich. Wir haben eine umfangreiche Stellungnahme abgegeben und eine Vielzahl von Beweisanträgen gestellt. Aber es wurde nichts gemacht, man hat weder ihn einvernommen, noch seine Zeugen", erklärte Pott. Der Anwalt kritisierte zudem den Zeitpunkt der Suspendierung, außerhalb der Bürozeiten vor Feiertagen. "Das hat man bewusst so gewählt, damit er keine Möglichkeit mehr hat. Der Sportler ist abgestempelt und vorverurteilt. Für mich ist das eine sportpolitische Entscheidung", so Pott.

Er sei von der NADA telefonisch nicht benachrichtigt worden, sondern von Hoffmann selbst. Die NADA teilte in einer Presse-Aussendung mit, dass sich Hoffmann "in eingeräumter Frist zu der gegen ihn beantragten Sicherungsmaßnahme der vorläufigen Suspendierung geäußert hat und die gegen ihn erhobenen Vorwürfe als unrichtig bestritten hat." Die vom Athleten beantragte Einstellung des Dopingverfahrens sei abzuweisen gewesen, da erst nach Durchführung des dem eingeleiteten Dopingverfahren vorbehaltenen Beweisverfahrens durch Einvernahme von ihm, der beantragten Zeugen bzw. Aufnahme und Einsicht in die weiters beantragten Beweise festgestellt werden könne, ob dieser die ihm vorgeworfenen Verstöße gegen die Anti-Doping-Bestimmungen begangen habe, hieß es.

Aussage von zwei Zeugen

"Man hätte das schneller behandeln sollen, oder ihn einvernehmen müssen. Alles ist rein auf die Aussage von zwei Zeugen gestützt. Wir hatten nicht die Möglichkeit, dazu etwas zu sagen. Wir konnten nur eine schriftliche Stellungnahme abgegeben", meinte Pott. Darin "und auch schon im Strafverfahren" hätten sie erklärt, dass die Vorwürfe "an den Haaren herbeigezogen" wären und "in keiner Weise stimmen". Medien hatten kolportiert, dass zwei Zeuginnen erklärt hätten, dass sie Hoffmann am 3. August 2008 in jenes Haus gehen gesehen hätten, in dem laut Ermittlungsergebnissen die von Matschiner betriebene Blutzentrifuge stand.

Dies bestreitet Hoffmann vehement: "Ich habe Zeugen, dass ich gar nicht in Linz war, wie behauptet wird." Für die Rechtskommission bestehe derzeit kein Grund, an der Richtigkeit der Aussagen von Zeugen bzw. Ermittlungsbeamten der Polizei zu zweifeln, hieß es in der NADA-Aussendung. Eine sachgerechte Entscheidung über die beantragte Suspendierung konnte auch ohne vorherige Einvernahme des Athleten Hoffmann und der beantragten Zeugen bzw. Aufnahme der beantragten Beweise getroffen werden.

"Hoffmann wurde immer wieder von Kohl belastet, dass er finanziell beteiligt ist. Jetzt geht man einen Schritt weiter, wirft im Beitragstäterschaft vor. Aber Matschiner hat klipp und klar gesagt, dass Hoffmann nicht beteiligt ist. Aber diese Aussage will man nicht zur Kenntnis nehmen. Wir haben auch angeboten, sie sollen eine Rufdatenabfrage machen", so Anwalt Pott weiter.

"Gesteuerte Sache"

Der Sportler selbst fühlt sich um ein faire Vorgangsweise und die Chance auf Olympia gebracht. "Ich habe nicht einmal die Chance bekommen, mich zu rechtfertigen und Beweise vorzulegen. Das wird so lange hinausgezögert, dass ich keine Chance mehr habe, mich für Olympia zu qualifizieren. Das ist eine gesteuerte Sache", erklärte Hoffmann. Und deshalb zog er jetzt den Schlussstrich. "Es war eine kurzfristige Entscheidung. Bei all dem ist der Kopf nicht mehr frei für den Sport. Dauernd muss ich mich für etwas rechtfertigen, das ich nicht getan habe."

Hoffmann wollte sich in den nächsten Wochen noch für Vancouver 2010 qualifizieren. Der 35-jährige hat seine Teilnahme an der am Neujahrstag in Oberhof beginnenden Tour de Ski der Langläufer wegen einer Nebenhöhlenentzündung zwar abgesagt, bei den Weltcup-Rennen am 16./17. Jänner in Otepää (Estland), wo Skating-Spezialist Hoffmann allerdings in Klassikrennen hätte aufzeigen müssen, und Rybinsk (22.- 24. Jänner) hätte Hoffmann aber noch das Limit erbringen wollen. "Nach Olympia wäre nur noch ein Skatingrennen, da kann ich es gleich bleibenlassen." Nun sehe er einer neuen Herausforderung entgegen, er habe bereits Pläne für die Zukunft, wolle sie aber noch nicht benennen. 

ÖSV-Langlaufreferent Dietmar Miklautsch, der sich am Donnerstag bereits in Oberhof befand, war von der Suspendierung seines Topläufers noch nicht in Kenntnis gesetzt worden: "Wir haben damit gerechnet, dass eine Entscheidung demnächst fallen wird, denn man kann wegen Olympia ja nicht noch länger warten. Wenn es so ist, müssen wir das akzeptieren. Mir persönlich tut es leid", meinte er. Und weiter: "Ich kenne die Hintergründe nicht, ich weiß nicht, was von der Soko Doping an die NADA übermittelt worden ist. Ich weiß nicht, was vorliegt und was ausgesagt wurde. Zu mir hat Christian gesagt, dass er viele Sachen, die ihm vorgeworfen werden, entkräften kann." (APA/red)