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Die beiden werden sich auch 2010 öfter sehen: Auf Josef Pröll und Werner Faymann wartet ein zweites Regierungsjahr, das nicht leichter als das erste wird.

Foto: APA/Hans Klaus Techt

 Die wichtigste Aufgabe ist auch die unangenehmste – ein Konzept zum Abbau der Schulden.

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Wien - 36-mal: So oft kommt das Datum 2010 im Arbeitsprogramm der Regierung vor. Nicht nur deshalb warten auf SPÖ und ÖVP im neuen Jahr viele Erledigungen. Werner Faymann und Josef Pröll haben die Latte noch extra höher gelegt: Beide Parteichefs ließen sich bei ihren Grundsatzreden im Herbst auf Versprechen ein, die kaum Verzögerungen dulden.

Übernächstes Jahr will Pröll laut eigenen Worten damit beginnen, das Budget zu konsolidieren, sprich: die bei der Bekämpfung der Krise aufgerissenen Schulden - 13 Milliarden allein im ersten Jahr - abzubauen. Dafür braucht der Vizekanzler und Finanzminister ein Konzept, das 2010 stehen muss. Meint es die Regierung mit der Verwaltungsreform ernst, wird sie sich nicht mehr auf die noch tagenden Arbeitsgruppen ausreden können, sondern konkrete Pläne und Sparziele präsentieren müssen. Allerdings sprechen selbst die involvierten Experten von "schleppendem" Fortschritt. Der Umbau der Schulverwaltung existiert nur auf dem Papier, über den großen Brocken Spitalsreform wurde noch nicht einmal wirklich geredet.

Auch deshalb dräut der Koalition eine Debatte über Steuererhöhungen - selbst wenn Pröll diese nicht möchte. Die von der SPÖ eingesetzte Arbeitsgruppe will 2010 Vorschläge liefern, einzelne Ideen hat Staatssekretär Andreas Schieder bereits präsentiert: Automatische Besteuerung von Aktiengewinnen ab 1. 1. 2011 sowie eine Umsatzsteuer auf alle Wertpapiertransaktionen im Alleingang, sollte sich die EU nicht auf eine gemeinsame Steuer einigen.

Überfällig ist - je nach parteipolitischer Präferenz - die Reform (SPÖ) beziehungsweise Abschaffung (ÖVP) der Hacklerregelung. Bis 2013 ist der umstrittene Passus, der Arbeitnehmern mit vielen Versicherungsjahren einen früheren Pensionsantritt erlaubt, in Stein gemeißelt, wie es dann weitergeht, will die Koalition nach Neujahr ausschnapsen. Der rote Sozialminister Rudolf Hundstorfer möchte das Antrittsalter (Männer derzeit 60, Frauen 55 Jahre) lediglich um zwei Jahre anheben, die ÖVP drängt auf ein endgültiges Aus.

Noch ein Projekt will Hundstorfer im Frühjahr 2010 vorlegen: Einen Pflegefonds, aus dem Geld in den Ausbau der Betreuung vor allem alter Leute fließen soll. Wenn‘s nach Werner Faymann geht, dann ist das obendrein nur ein erster Schritt. Der SP-Chef träumt von einem umfassenden Generationenfonds, der auch die Schulen und Kindergärten bedienen soll.

Ein anderer Kanzlervorstoß bringt die Regierung ebenfalls unter Zugzwang. 200.000 Plätze an Ganztagesschulen schweben Faymann langfristig (bis 2018) vor - angesichts des Status quo von 4000 sollte der Ausbau schleunigst beginnen. Überhaupt wird das neue Jahr für Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) nicht einfacher als das alte: Wieder muss sie sich mit der Gewerkschaft matchen, diesmal um ein neues Lehrerdienstrecht, das höhere Einstiegsgehälter, dafür aber geringere Steigerungen sowie mehr Betreuungszeit für die Schüler bringen soll. Der Haken: Die Umstellung kostet Geld, das bei den Lehrern selbst eingespart werden soll. Aus demselben Grund wackelt die Dienstrechtsreform für alle Beamten.

Nach Reformen schreien auch die Zustände an den (besetzten) Unis, zuallererst aber nach einem neuen Wissenschaftsminister.

Gegenwind erwartet auch Innenministerin Maria Fekter (ÖVP). Sie muss das Erstaufnahmezentrum für Asylwerber in Eberau durchsetzen - oder eben anderswo. Außerdem ist Fekter punkto Integration einen nationalen Aktionsplan schuldig; nicht der einzige, der im nächsten Jahr ansteht. Ihr für Umwelt zuständiger Parteikollege Niki Berlakovich verspricht eine Energiestrategie, damit Österreich seine Klimaschutzziele künftig nicht mehr verfehle.

Schon jetzt zeichnen sich freilich neue verpasste Ziele ab: Der Koalitionspakt peilt etwa an, dass 2010 drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Forschung und 0,51 Prozent für Entwicklungszusammenarbeit ausgegeben werden. Legt die Regierung nicht noch einen Kraftakt hin, wird sie beide Marken verfehlen - was mit der Krise zusammenhängt. Überhaupt bleibt die Wirtschaftsflaute der Unsicherheitsfaktor: Teile der Konjunktur- und Arbeitsmarktpakete greifen erst 2010 - im Notfall muss die Regierung nachbessern. Und gegen ein rasches Comeback der Krise sollte sie vorbeugen: Indem die Finanzmarktaufsicht mehr Kompetenzen erhält. (Gerald John, DER STANDARD, Printausgabe 30.12.2009)