Das ablaufende Jahr brachte uns den ältesten Urahn "Ardi", weitere Fortschritte in der Stammzellforschung und einen Laureaten als "Newsmaker of the year"
Washington/London/Wien - Wenn es nach der Anzahl der Meldungen geht, dann war 2009 weniger ein Darwin- als ein H1N1-Jahr. Während es in den tagesaktuellen Medien und im ORF 1750 Beiträge gab, in denen der Begriff "Evolution" vorkam, schaffte es H1N1 (für "Science" das Virus des Jahres) laut APA-Recherche in 5700 Meldungen. Auch im relativen Vergleich gab es zumindest in den österreichischen Medien keine Evolution in Sachen "Evolution" : Bereits 2006 fand sich der Begriff in 1700 Artikeln.
Für die britische Wissenschaftszeitschrift "Nature" war ein anderer, lebender Forscher der "Newsmaker of the year" . Nachdem Rajendra Pachauri, der Chef des Weltklimarats IPCC, im Vorjahr mit diesem Titel ausgezeichnet worden war, wurde abermals ein "Klimaschützer" erkoren, nämlich US-Energieminister Steven Chu, der 1997 den Physik-Nobelpreis gewonnen hatte.
In Sachen "Durchbruch des Jahres" war das Magazin "Science" vor Tagen vorgeprescht: Für die Redaktion des US-Magazins war die detaillierte Beschreibung unserer 4,4 Millionen Jahre alten Ur-Mutter "Ardi" die Entdeckung des Jahres - nicht zuletzt wohl auch deshalb, weil die Artikel darüber samt und sonders in "Science" erschienen. "Nature" gab sich sehr gentlemanlike und wählte nur Entdeckungen aus, die nicht in "Nature" publiziert wurden - wie eben auch Ardi. Außerdem haben die Briten unter anderem neue Erkenntnisse über den Anstieg des Meeresspiegels gewürdigt - sowie die Fortschritte bei der Reprogrammierung pluripotenter Stammzellen (iPS) zur "Methode des Jahres" erklärt.
Und was wird 2010 bringen? Da hat zumindest das US-Wissenschaftsmagazin "Science" so seine Ahnungen: iPS könnten klinisch relevant werden. Und der Alpha Magnetic Spectrometer, der 2010 mit siebenjähriger Verspätung ins All geschossen wird, wird Licht in die dunkle Materie bringen. (Klaus Taschwer/DER STANDARD, Printausgabe, 29. 12. 2009)