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3-D-Blick in eine ungewisse finanzielle Zukunft: Regisseur James Cameron (Zweiter v. re.), seine Frau Suzy Amus und Produzent Jon Landau haben Hollywood mit "Avatar" einen nötigen Hit beschert.

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Los Angeles - Vielleicht werden schon in naher Zukunft die Nullerjahre des neuen Jahrhunderts als drittes Goldenes Zeitalter Hollywoods gefeiert. Auch wenn die Menge und Qualität der Filme nie mehr so hoch sein wird wie in der Blütephase des Studiosystems in den 1930er- und 1940er-Jahren und sich die Innovationen des sogenannten New Hollywood der 70er-Jahre nicht mehr wiederholen lassen: Die US-Filmindustrie hat sich in den letzten Jahren erstaunlich wagemutig und erwachsen präsentiert. Denn vor allem anspruchsvollere kleine und mittelgroße Produktionen profitierten vom stetigen Kapitalfluss aus Richtung der Banken und einiger Gewinner der Börsenblase.

Ein weiterer Grund für den Boom: Der Erfolg der unabhängigen Produktionsfirma Miramax in den 1990er-Jahren führte dazu, dass die großen Hollywoodstudios ihre eigenen Abteilungen für gewagtere Produktionen gründeten oder sich Independents einverleibten. So entstanden bei New Line Cinema unter anderem Paul Thomas Andersons Punch Drunk Love und Terrence Malicks The New World, bei Warner Independent Pictures Before Sunset und Im Tal von Elah, bei Paramount Classics Virgin Suicides und There Will Be Blood. Die Liste ließe sich fortführen.

Es gab aber auch politische und kulturelle Faktoren. In den letzten Jahren konnte man kaum ein Interview mit einem US-Regisseur lesen, in dem nicht als Vorbild die Zeit des New Hollywood genannt wurde, in der Regisseure wie Martin Scorsese, Francis Ford Coppola und Alan Pakula ihre Meisterwerke schufen. Pakulas Verschwörungsthriller der 70er wie Die Unbestechlichen und Zeuge einer Verschwörung waren besonders beliebt als Referenz, nicht zuletzt, weil sich Hollywood in den letzten Jahren der Regierung von Bush jr. so politisch wie zuletzt in den 70er-Jahren gab. Schneller als damals der Vietnamkrieg wurde der Irak zum Thema. Filme wie Im Tal von Elah, The Hurt Locker oder Redacted zeigen ein unamerikanisch pessimistisches Bild vom Krieg und der Lage an der Heimatfront.

Kino: ein Viertel des Umsatzes

Doch populär waren diese Filme nie. Brian de Palmas Redacted ist ein gutes Beispiel: Bei einem Budget von fünf Millionen Dollar spielte er in den USA nur 50.000 Dollar ein. Extrem wenig, selbst wenn man bedenkt, dass die Einnahmen aus Kinoeintrittskarten (national und international zusammengenommen) nur noch ungefähr ein Viertel des Gesamtumsatzes eines Filmes ausmachen. 50 Prozent entfallen auf DVD-Einnahmen, die restlichen 25 Prozent kommen aus Verkäufen an Fernsehsender - so rechnete man in Hollywood zumindest noch bis vor kurzem.

Doch die DVD-Verkäufe brechen rapide ein: Neun Prozent wurde 2008 in den USA weniger eingenommen, noch einmal 13,5 Prozent weniger in der ersten Hälfte des Jahres 2009. Und niemand glaubt, dass sich der Trend in Zeiten der Internetpiraterie ändern wird. Die Zuschauerzahlen der amerikanischen Kinos sind trotz Wirtschaftskrise leicht gestiegen, aber international befindet sich Hollywood eher auf dem Rückzug: In Ländern wie Japan oder Italien, aber auch Österreich und Deutschland werden eigene Produktionen immer beliebter.

Doch nichts hat Hollywood so sehr getroffen wie die Bankenkrise. Nach Schätzungen standen dieses Jahr den großen Studios zwölf Milliarden Dollar weniger zur Verfügung. Die Folgen der Krise: Zunächst eine Entlassungswelle, wie sie Hollywood seit mindestens zwei Jahrzehnten nicht mehr gesehen hat: Mehrere Studiochefs wurden bereits entlassen, unter anderem von Paramount, MGM) und Universal, viele der "Speciality Divisions" für anspruchsvolles Kino sind bereits geschlossen oder wurden bis zur Bedeutungslosigkeit geschrumpft.

Weniger Produktionen

Natürlich wird auch deutlich weniger produziert: 600 Filme waren es letztes Jahr, für 2010 werden 400 erwartet. Damit sind die Zeiten für Wagemut erst einmal vorbei. Es ist schon abzusehen, dass Hollywood noch stärker als bisher auf sogenanntes "branded entertainment" setzen wird, das heißt auf Filme, die auf bereits bekannten Vorlagen oder Figuren basieren. Das können Comic-Superhelden sein, Computergames oder andere Spiele, sogar Brettspiele.

Ein paar Beispiele: Filmversionen von Monopoly und Lego sind in Planung. Eine zweite Fortsetzung der Transformers ist schon in Produktion, ebenso der zweite Teil von Iron Man und der vierte von Spider Man. Solche Sequels hat es natürlich immer schon gegeben, aber selbst die Animations-Genies von Pixar, die fast jedes Jahr große Erfolge mit originären Stoffen feierten, gehen 2010 und 11 mit Fortsetzungen von Toy Story und Cars auf Nummer sicher.

Ähnlich ambitionierte Projekte wie There Will Be Blood, I'm Not There oder Im Tal von Elah sucht man dagegen schon diesen Winter vergeblich. (Sven von Reden, DER STANDARD/Printausgabe, 29.12.2009)