Eigentlich sollte man annehmen, dass vernünftiges und nachhaltiges Wirtschaften eine Selbstverständlichkeit ist. Die Wirklichkeit zeigt uns jedoch öfter einen Homo oeconomicus, der sein rationales Handeln an Gier und kurzfristigen Erfolgen ausrichtet.

Eigentlich auch nichts Neues. Neu ist hingegen der Weg, um für die erste Richtung nachvollziehbare Symbole und Markierungen zu finden, die es einem mündigen Kunden ermöglichen, eine nachhaltige Kaufentscheidung zu treffen. Bisher konnten große Marken als Garant für Qualität und Vertrauen punkten, doch heute ist dies nicht mehr genug.

Neben gesetzlichen Richtlinien und Vorschriften gibt es noch eine Fülle relevanter Aspekte, die hinter einem Produkt stehen: Handelt es sich bei dem Unternehmen, welches dieses Produkt herstellt oder Service anbietet, um einen guten Arbeitsplatz für Mitarbeiter? Wird niemand diskriminiert, gibt es eine gute Balance (Diversity) unter den Mitarbeitern? Verhält sich das Unternehmen anständig zu seinen Mitbewerbern, seinen Lieferanten und natürlich auch zu seinen Kunden?

Auch die Umwelt soll nicht zu Schaden kommen, die Ressourcen sollen schonend genutzt werden, und das Klima darf nicht belastet werden. Selbstverständlich darf auch die Gesellschaft, in der man seine Geschäfte macht, nicht zur kurz kommen, denn man möchte ein geschätzter Teil dieser sein und bleiben. Klingt alles einleuchtend und macht Sinn. Für die Evaluierung dieser Aspekte hat sich erstaunlich rasch eine eigene Industrie entwickelt.

Diese hat mit CSR (Corporate Social Responsibility) ein wunderbares Schlagwort gefunden. Jetzt muss man natürlich etwas zur Einhaltung nicht gesetzlich vorgeschriebener, aber gesellschaftlich erwünschter Verhaltensweisen tun. Man kann beraten, beeinflussen, verändern, dokumentieren, Konferenzen abhalten, Inserate verkaufen, Sponsoring machen, Preise vergeben und Wissen weiterverkaufen.

Man kann auch weitere neue Schlagwörter finden und deren Verbreitung fördern, man kann neue Richtlinien entwickeln und deren Einhaltung mit Brief und Siegel belohnen - und weiter geht die Reise. Ganz ehrlich gesagt - ich habe kein Problem damit. Es entspricht unserer Logik, überall zu verbessern, zu optimieren und, wenn es möglich ist, auch ein "gutes" Geschäft daraus zu machen. Für viele spielt tatsächlich purer Idealismus die Hauptrolle, um die Welt zum Besseren zu verändern. Für andere steht es im Vordergrund, mit dem "Guten" Geld zu verdienen. Zähmen diese neuen Geschäftsfelder den Kapitalismus - sozusagen mit den eigenen Waffen? Gut möglich. Man muss sich aber sowohl als Kunde als auch als Geschäftsmann im Klaren darüber sein, dass der Inhalt wichtiger als die Form bleiben muss.

Die Qualität, Nachhaltigkeit und Ehrlichkeit der Leistung muss stimmen. Wer in diesem Sinn verantwortlich handelt, braucht nicht bei jeder Veranstaltung dabei sein und alle Hochglanzbroschüren zu diesem Thema unterstützen. (Philipp Bodzenta*, DER STANDARD, Printausgabe, 10./11.10. 2009)