Die Staaten Ostasiens bauen zusammen einen Schutz gegen Finanzkrisen auf: 14 Länder werden einen gemeinsamen Nothilfefonds einrichten. Die Interessen innerhalb der neuen Gemeinschaft sind sehr unterschiedlich.

***

Tokio - Die Vereinigung der südostasiatischen Staaten Asean, sowie China, Japan und Südkorea haben die Einrichtung eines 120 Milliarden Dollar großen Nothilfefonds für Finanzkrisen abgesegnet. Dies wurde am Montag in Südkoreas Hauptstadt Seoul bekannt.

Diese Erweiterung der Chiangmai-Initiative aus dem Jahr 2000 stärkt in Asien die Hoffnung auf einen asiatischen Währungsfonds. Bereits nach der Asienkrise im Jahr 1997 liebäugelten die Staaten mit dieser Idee, um Währungsspekulationen bekämpfen zu können. Doch damals reichte es im thailändischen Chiangmai nur zu einem Netz bilateraler Abkommen zwischen fünf Asean-Staaten Thailand, Malaysia, Singapur, Indonesien und den Philippinen sowie China, Japan und Südkorea.

Das neue Abkommen "Asean plus Drei-Nationen" hingegen ist nicht nur multilateral, sondern umfasst neben allen zehn Asean-Nationen auch Hongkong. Im Rahmen des Abkommens erhält jeder Staat das Recht, eine festgelegte Summe seiner Währung in US-Dollar zu tauschen. Dadurch sollen Währungsengpässe und die Folgen von Kapitalflucht, wie etwa im Sog der Asienkrise 1997 und 1998, überwunden werden.

Große Kluft

Die Beiträge spiegeln die Machtverteilung im asiatischen Wirtschaftsraum wieder. China und Japan steuern je 38,4 Milliarden US-Dollar zum Fond bei, Südkorea 19,2 Mrd. US-Dollar. Die Ziehungsrechte der drei Nationen sind allerdings auf 19,2 Mrd. US-Dollar begrenzt, während die anderen Staaten sich bis zum Fünffachen ihres Beitrags aus der gemeinsamen Notkasse nehmen können.

In Nichtkrisenzeiten können die Länder bis zu 20 Prozent ihrer Kreditlinie ausschöpfen. Der volle Betrag steht nur zur Verfügung, wenn ein Teilnehmerstaat Hilfe beim Weltwährungsfonds beantragt. Die Kredite müssen die Länder verzinst zurückzahlen.

Für viele Politiker in Asien ist die Ausdehnung der Chiangmai-Initiative nur ein erster Schritt auf dem Weg zu einer engeren finanziellen Zusammenarbeit im asiatischen Wirtschaftsraum. Die philippinische Präsidentin Gloria Macapagal-Arroyo sagte bereits im Juni bei ihrem Japan-Besuch, dass die Länder nun die Initiative für einen asiatischen Anleihemarkt ergreifen sollten.

Durch den Machtwechsel in Japan von der seit 1955 fast ununterbrochen regierenden liberaldemokratischen zur demokratischen Partei werden Tendenzen dieser Art noch verstärkt. Japans im September gewählter Premier Yukio Hatoyama hat als sein Leitmotiv die Schaffung einer "ostasiatischen Gemeinschaft" ausgegeben.

Allerdings handelt es sich dabei um ein langfristiges Ziel. Denn nicht nur sind die Kulturen Asiens weit unterschiedlicher als jene in Europa. Die Teilnehmer verfolgen auch unterschiedliche Interessen. Während China sich als Gravitationszentrum Asiens etablieren will, hoffen Japan und viele Asean-Staaten darauf, die Asien-Idee auf Australien und Indien auszudehnen und so Chinas wachsende Macht auszubalancieren.

Vor diesem Hintergrund sind nur Trippelschritte möglich. Im neuen Abkommen wird auch ein Überwachungssystem zur Stärkung der finanziellen Stabilität der Region eingerichtet. (Martin Kölling aus Tokio, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.12.2009)