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Ein Polizist und sein Spürhund auf Streife am Detroiter Flughafen.

Foto: Reuters

Washington/Den Haag/Wien - Nach dem vereitelten Terroranschlag an Weihnachten auf ein voll besetztes US-Passagierflugzeug müssen sich Reisende aus aller Welt bei Flügen in die USA auf längere Wartezeiten und noch weiter verschärfte Kontrollen einstellen. An den Flughäfen der USA und in vielen Staaten Europas wurden die Kontrollen am Wochenende weiter verschärft.

Auch am Flughafen Wien in Schwechat sind am Sonntag die schärferen Kontrollen bei Flügen in die USA rigoros umgesetzt worden: Sämtliche Reisende mussten ihre Schuhe ausziehen und wurden - ungeachtet, ob der Metalldetektor anschlug oder nicht - visitiert. Darüber hinaus wurde das Handgepäck geöffnet und jedes Stück herausgenommen. Naturgemäß bildeten sich durch diese verschärften Sicherheitsmaßnahmen Schlangen an den Kontrollstellen. Die Überprüfungen stießen bei den Passagieren aber allgemein auf Verständnis, die Kontrolleure agierten sehr freundlich.

Attentäter passierte Sicherheitskontrollen in Amsterdam ohne Probleme

Der verhinderte Flugzeugbomber ist vor dem Flug in die USA auf dem Amsterdamer Flughafen Schiphol durch eine Sicherheitskontrolle gegangen, ohne dass an seinem Körper versteckter Sprengstoff entdeckt wurde. Das bestätigte am Wochenende das niederländische Büro für die Koordinierung des Terrorismusbekämpfung (NCTb).

"Bei der Sicherheitskontrolle wurden keine Unregelmäßigkeiten festgestellt, obwohl sie gemäß der Vorschriften durchgeführt wurde", sagte ein NCTb-Sprecher. Allerdings seien die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen.

Der Nigerianer war am Freitag mit einer Maschine der niederländischen Gesellschaft KLM aus Lagos nach Schiphol gekommen und wenig später im Transit an Bord einer Maschine der US-Gesellschaft Delta gegangen. Zuvor seien auch seine personenbezogenen Daten ordnungsgemäß an die US-Sicherheitsbehörden durchgegeben wurden, hieß es beim NCTb. Die Amerikaner hätten nach Prüfung der Passagierliste Starterlaubnis gegeben.

Niederländische Parlamentarier forderten inzwischen eine lückenlose Aufklärung aller Umstände des Fluges und des versuchten Anschlags. Die Reputation des Amsterdamer Flughafens als zuverlässiges internationales Luftdrehkreuz stehe auf dem Spiel, erklärte der Abgeordnete der regierenden Sozialdemokraten, Ton Heerts. 

Al-Kaida-Verbindung?

Die USA gehen nach nun einer Verbindung zur Al-Kaida nach. Eine Beteiligung der radikal-islamischen Organisation sei "Gegenstand der Ermittlungen", sagte die Ministerin für Heimatschutz, Janet Napolitano, am Sonntag dem Nachrichtensender ABC. Das US-Präsidialamt ordnete zugleich eine Überprüfung der Sicherheitslisten an, die die Einreise verdächtiger Personen verhindern sollen.

Anklage gegen Verdächtigen aus Nigeria

Gegen den mutmaßlichen Attentäter aus Nigeria wurde unterdessen Anklage erhoben. Demnach soll Umar Faruk Abdulmutallab versucht haben, den Airbus der Fluggesellschaft Delta-Northwest Airlines beim Landeanflug auf Detroit mit Hilfe des hochexplosiven Sprengstoffs Nitropenta (PETN) in die Luft zu sprengen. Er wurde auch von dem sogenannten Schuhbomber Richard Reid verwendet, der 2001 versucht hatte, einen Anschlag auf einen Transatlantikflug zu verüben. Laut Anklageschrift hatte der 23-Jährige ausgesagt, er habe den vermutlich in seine Unterwäsche eingenähten Sprengstoff mit Hilfe einer in einer Spritze mitgebrachten Chemikalie zur Explosion bringen wollen. Dabei setzte er seine Kleidung und die Flugzeugwand in Brand, dann wurde er von Passagieren und Besatzung überwältigt.

Den Ermittlern sagte Abdulmutallab, er sei in einem Trainingslager der Al Kaida im Jemen ausgebildet worden. Dort habe er auch den Sprengstoff erhalten sowie genaue Anweisungen, wie und wann er ihn einsetzen sollte. Im nigerianischen Lagos bestieg der Student einen KLM-Flug nach Amsterdam, wo er auf die Maschine nach Detroit umstieg. Im Juni 2008 hatte er nach Angaben eines US-Regierungsvertreters ein Visum für die USA bekommen und obwohl er auf einer Beobachtungsliste der USA stand, hatte er kein Flugverbot.

Spurensuche

Abdulmutallab ist der jüngste Sohn eines angesehenen nigerianischen Ex-Ministers und Bankiers. Er ging nach nigerianischen Zeitungsberichten auf die International British School in der togolesischen Hauptstadt Lomé, zwischen 2005 und 2008 studierte er in London Maschinenbau. Dann lehnten die britischen Behörden nach Regierungsangaben vom Sonntag aber seinen Antrag auf ein neues Visum ab. Britische Ermittler setzten unterdessen am Sonntag die Spurensuche in drei Immobilien des Nigerianers fort.

Schon als Jugendlicher war Abdulmutallab für seine streng religiösen Überzeugungen bekannt, später radikalisierte er sich zunehmend, bis er nach nigerianischen Medienberichten den Kontakt mit seiner Familie abbrach. Sein Vater sei schließlich so besorgt gewesen, dass er die US-Botschaft in Abuja und die nigerianischen Behörden alarmiert habe. Ein US-Beamter bestätigte, dass die Botschaft die Information im vergangenen Monat nach Washington weitergeleitet habe. Im November sei Abdulmutallab dann auf eine Beobachtungsliste mit 550.000 anderen Namen gesetzt worden.

Debatte um Flugsicherheit

Der Vorfall löste in den USA erneut eine Sicherheitsdebatte aus. Mehrere Kongressvertreter kündigten für Jänner Anhörungen unter anderem dazu an, wie der 23-jährige der Aufmerksamkeit der Sicherheitsbehörden entgehen und schließlich den Sprengstoff an Bord der Maschine schmuggeln konnte. Der frühere Leiter der Sicherheitsabteilung von Northwest Airlines, Douglas R. Laird, forderte, die Metalldetektoren an Flughäfen durch die umstrittenen Nacktscanner zu ersetzen, die Passagiere bis auf die Haut durchleuchten können.

Als Folge des Zwischenfalls müssen jetzt Passagiere in der letzten Stunde des Fluges vor der Landung sitzen bleiben, berichteten mehrere Fluggesellschaften - darunter British Airways und Air Canada - am Sonntag in London. Außerdem dürfen die Flugreisenden in diesem Zeitraum nicht mehr an ihr Handgepäck. Während des gesamten Fluges sind Gegenstände auf dem Schoß vorerst nicht gestattet. An Flughäfen wird auf Wunsch der US-Behörden an jedem Abflugsteig noch einmal gesondert Handgepäck durchsucht, Reisende werden noch einmal besonders kontrolliert.

Wegen der verschärften Sicherheitsbestimmungen gebe es auf Flügen in die USA Verspätungen, sagte der britische Verkehrsminister Andrew Adonis. Das "erweiterte Überprüfungssystem" gelte ab sofort für Flugreisende, die in die USA reisen und von dort kommen.

Der Zwischenfall hat aber auch einen neuen Helden hervorgebracht: Den niederländischen Video-Produzenten Jasper Schuringa. Im Fernsehen schilderte er, wie er auf den mutmaßlichen Attentäter sprang, ihn niederrang und das Feuer löschte, bevor er ihn gemeinsam mit der Crew fesselte und von den anderen Passagieren isolierte. Im Internet erreichte Schuringa schon nach kurzer Zeit Kultstatus.(APA/AFP/APD)