Manager und Aufsichtsräte börsennotierter Unternehmen könnten sich nach dem jüngsten Urteil des Europäischen Gerichtshofs einen Neujahrsvorsatz wählen, der ihnen viel Geld und Ärger ersparen kann: Rührt eure eigenen Aktien nicht mehr an!

Die EU-Richter haben entschieden, dass eine Verurteilung wegen Insiderhandels nicht voraussetzt, dass jemand bewusst Insiderinformationen für ein Börsengeschäft genutzt hat. Es reicht, wenn das Wissen geeignet war, von zukünftigen Kursentwicklungen zu profitieren.

Nun wissen Topmanager und andere Eingeweihte fast immer etwas, was den Aktienkurs nach oben oder unten bewegen kann. Wann immer sie kaufen oder verkaufen, laden sie den Verdacht des Insiderhandels auf sich. Und in Zukunft wird es nicht mehr helfen zu behaupten, das Timing sei ein dummer Zufall gewesen und man habe keine böse Absicht gehabt. OMV-Chef Wolfgang Ruttenstorfer, der kurz vor einem profitablen Beteiligungsverkauf ein OMV-Aktienpaket erworben hat, kann von Glück sprechen, dass die neue Rechtsprechung in seinem Fall noch nicht gilt.

Die alte, vor allem in Unternehmerfamilien weit verbreitete Ansicht, die beste Investition ist die ins eigene Unternehmen, weil man damit Zuversicht demonstriert und Leistungsanreize schafft, ist obsolet. Treuhändischer Aktienbesitz bleibt zwar legitim, aber jede Transaktion streift bereits das Kriminal. Es ist höchste Zeit für eine neue Aktionärskultur in vielen österreichischen Unternehmen. (Eric Frey, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24./25./26./27.12.2009)