5900 Euro an Folgerechtsabgabe (Meistbot 180.000) stehen Baselitz für diesen "Pullover oben" Auktionsverkauf zu.

Foto: Dorotheum

Aufgeschoben ist eben nicht aufgehoben. Die Erweiterung des Folgerechts, die ab 1. Jänner 2010 auch Kunstwerke von Schaffenden inkludiert hätte, die nicht länger als 70 Jahre tot sind, ist jedenfalls für die nächsten 24 Monate vom Tisch. Erleichterung seitens des Kunsthandels, der eine Verschärfung der ohnedies wirtschaftlich angespannten Situation befürchtet hat.

Schon weil nennenswerte Mengen an Kunst der Klassischen Moderne - landauf landab die insgesamt einträglichste aller Sparten - womöglich in solche Länder abgewandert wäre, die dieses Folgerecht wie die USA oder die Schweiz niemals beschlossen oder wie Großbritannien auf 2012 verschoben haben. Denn theoretisch läge die Zahllast beim Verkäufer, in der Auktionsbranche also beim Einbringer, der, um seinen Gewinn nicht zu schmälern, auf genannte Marktplätze ausweichen würde - unabhängig davon, ob man sich dort für heimische Bestseller wie Alfons Walde überhaupt interessiert. Praktisch berappen das in den österreichischen Auktionshäusern aber ohnedies die Käufer.

Die könnten - entsprechend der Abwanderungstheorie - allerdings im Ausland künftig günstiger einkaufen als hierzulande. Anders die Situation beim Kunsthandel, der doppelt zur Kasse gebeten wird, die Gebühr sowohl beim Einkauf (in einem Auktionshaus oder auch von Privatsammlern) als auch beim Verkauf zu berappen hat.

Eine von der Interessenvertretung der österreichischen Kunsthändler und Auktionshäuser in Auftrag gegebene Studie des Instituts für Höhere Studien liefert Details: Im ersten Halbjahr 2008 boten das Dorotheum und "im Kinsky" insgesamt 1930 Originalwerke bildender Kunst an, deren Schutzfrist noch nicht abgelaufen war. 1097 davon wurden verkauft, 441 Werke davon entfielen auf lebende Künstler, 656 und damit die Mehrheit auf bereits verstorbene.

Von den 441 Folgerechts-Kandidaten erreichten nur 204 ein Meistbot über dem für den Anspruch relevanten Schwellenwert von 3.000 Euro und schlugen sich mit 102.024 Euro zu Buche. Von den 656 Werken verstorbener Künstler hätten zwar nur 307 den Schwellenwert erreicht, dafür in der Theorie Folgerechtsvergütungen in der Höhe von 213.388 Euro gebracht.

Damit ist offensichtlich, warum die Verhandlungen mit der Verwertungsgesellschaft bildender Künste (VBK) im Sinne einer für alle Beteiligten probaten Handhabung Mitte November offiziell gescheitert waren. Dem erhofften Geldsegen der VBK steht allerdings ein erheblicher administrativer Mehraufwand der Branche gegenüber. Konkret, so rechnet die Studie vor, läge dieser für die Administration relevante schon jetzt mit bei 35 Euro je zeitgenössischem Kunstwerk. Mit der Ausweitung auf Vergütung der Erben würde sich dieser auf 245 Euro erhöhen.

Der Initiativantrag der Koalitionären Justizsprecher Heribert Donnerbauer (VP) und Johannes Jarolim (SP) erfolgte entsprechend des parlamentarischen Beschlussfassungsprozederes in allerletzter Minute (18.11.'09). In den nachfolgenden Diskussionen sprachen sich lediglich Wolfgang Zinggl (am 10. Dezember) und Elisabeth Kerschbaum (18. Dezember) gegen den Vorschlag einer Ausdehnung der Übergangsfrist bis 2012 aus. (kron / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24./25./26./27.12.2009)