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Seifenblase geplatzt: Dem Mann wird gewerbsmäßiger schwerer Betrug vorgeworfen

Foto: APA/Warmuth

Wien - Gegen den Steuer-Großbetrüger Werner R., der innerhalb von fünf Jahren der Finanz mit einem ausgefuchsten System nach heutiger Währung die unvorstellbare Summe von 116,3 Mio. Euro abgeluchst haben soll, liegt eine rechtskräftige Anklage vor. Darin wird dem "Superhirn" gewerbsmäßiger schwerer Betrug vorgeworfen, bestätigte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Wien, Gerhard Jarosch, am Mittwoch einen Bericht in der aktuellen Ausgabe der "Salzburger Nachrichten".

Bei den nunmehr inkriminierten Vorwürfen geht es nicht um die "Steuergeschichten", mit denen R. in den frühen 90-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts für Schlagzeilen gesorgt hatte. Mithilfe von Scheinfirmen, undurchsichtigen Rechnungen und geltend gemachten Vorsteuerabzügen soll R. zwischen 1991 und 1995 die Finanzbehörden zur Auszahlung von sage und schreibe 1,6 Mrd. Schilling an Umsatzsteuerrückerstattung bewogen haben.

Deswegen kann der 52-Jährige allerdings noch nicht angeklagt werden: R. war 1995 nach Brasilien geflüchtet, wo er die brasilianische Staatsbürgerschaft annahm. Auf Basis eines internationalen Haftbefehls wurde er im März 2005 in Brasilia verhaftet. Gegen die Auslieferung nach Österreich setzte sich R. durch alle Instanzen hindurch zur Wehr. Erst nach viereinhalb Jahren - Mitte September 2009 - waren sämtliche Rechtsmittel ausgeschöpft. R. wurde abgeschoben und sitzt seither in einer Zelle im Wiener Landesgerichtlichen Gefangenenhaus in U-Haft.

Umsatzsteuertricks

Seine Umsatzsteuer-Tricks waren allerdings nicht vom Auslieferungsbegehren der österreichischen Justiz umfasst, das sich nur auf die Betrugsvorwürfe bezogen hat. Für Steuerhinterziehung gibt es mit Brasilien kein Auslieferungsabkommen. Die Staatsanwaltschaft Wien will jetzt allerdings versuchen, auf diplomatischem Weg auch für die Vergehen nach dem Finanzstrafgesetz eine "Nachtragsauslieferung" zu erwirken, kündigte der Behördensprecher an.

In der vorliegenden Anklageschrift ist eine Schadenssumme von 2,6 Mio. Euro inkriminiert. R. soll mehrere Firmen, mit denen er Exportgeschäfte einfädelte, getäuscht haben, indem er vorgab, sie würden die dafür fällige Umsatzsteuer zurückbekommen. In Wahrheit soll er diese für sich abgezogen und insgesamt 4,8 Millionen Euro lukriert haben. Ein Teil dieser Summe bezieht sich jedoch auf Vorgänge, die nach brasilianischem Recht verjährt sind und auf Basis der Auslieferungspapiere dem 52-Jährigen daher nicht mehr angelastet werden können.

Der Prozess gegen R. wird sich trotz der bereits seit Anfang Dezember rechtskräftigen Anklage verzögern. Richter Thomas Hahn, der das Schöffenverfahren leiten hätte sollen, wechselt mit Jahresbeginn zum Oberlandesgericht (OLG). Nun muss ein neuer Vorsitzender gefunden werden. Im Fall eines Schuldspruchs drohen R. bis zu zehn Jahre Haft, wobei ihm die jahrelange Auslieferungshaft in Brasilien auf die Strafe angerechnet würde. (APA)