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Serbiens Präsident Tadic gemeinsam mit dem schwedischen Premier  Reinfeldt, der derzeit den EU-Vorsitz inne hat.

Foto: AP/Fredrik Sandberg

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"EU? Nein, danke", ist hier auf einer Hauswand in Belgrad zu lesen. Wie überall in Europa gibt es auch in Serbien Skeptiker des Staatenbündnis.

Foto: AP//Darko Vojinovic

Nach langer Zeit ist in Serbien die Europäische Union wieder in aller Munde. Dafür sorgten Staatspräsident Boris Tadić und die von seiner Demokratischen Partei (DS) dominierte serbische Regierung. Am 7. Dezember ratifizierte die EU ein Handelsabkommen mit Serbien, das am 1.Jänner in Kraft tritt, am 19. Dezember wurden die Grenzen der Schengenstaaten für die Bürger Serbiens geöffnet; und als Krönung der diesjährigen Europapolitik reichte am Dienstag eine von Tadić angeführte Delegation in Stockholm das EU-Beitrittsgesuch Serbiens ein. Die schwedische EU-Ratspräsidentschaft ermutigte Belgrad, die EU-Mitgliedschaft zu beantragen. Das taten auch, laut serbischen Medien, zwanzig EU-Staaten angeführt von Griechenland, Spanien und Italien, nach dem Motto: Serbien solle nicht auf eine Einladung warten, sondern Initiative zeigen und an die Tür klopfen, und zwar obwohl das Land damit formale und bisher übliche prozedurale Stufen übersprungen hat.

Bevor sie der EU beitraten, sind bisher alle osteuropäischen EU-Staaten zuerst Mitglieder der Nato geworden. Serbien hat jedoch auf die Nato-Mitgliedschaft wegen der Luftangriffe des Militärpaktes auf Serbien im Jahr 1999 verzichtet. Die EU hat auch das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA) mit Serbien noch nicht ratifiziert, was normalerweise vor dem Beantragen der EU-Mitgliedschaft geschehen sollte. Die Niederlande blockieren die Ratifizierung des SAA, weil sich zwei serbische Staatsbürger, darunter der serbisch-bosnische Exgeneral Ratko Mladić, immer noch auf der Flucht befinden. Auch dass Serbien den Kosovo nicht anerkennt, wurde vorerst unter den Teppich gekehrt.

Tadić und Mirko Cvetković, der sonst so unscheinbare Premier lachten siegreich, als sie ihre Reise nach Stockholm ankündigten. Belgrad will die EU als Priorität unterstreichen, nachdem die Regierung eine strategische Partnerschaft mit Russland unterzeichnete, was in Brüssel nicht gerade wohlwollend aufgenommen wurde. Nach innen will man zeigen, dass Serbien von seinen "europäischen Freunden" bevorzugt behandelt wird. Unklar ist, warum die schwache, oft zerstrittene, Koalitionsregierung angesichts eines in sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht kritischen Jahres so starke Trümpfe gerade jetzt ausspielt. Es sieht danach aus, dass Tadić und seine DS Neuwahlen in Betracht ziehen, die sie auf der Welle der EU-Erfolge an der Macht bestätigen sollen, bevor die Bürger die Wirtschaftskrise so richtig zu spüren bekommen, ein erprobtes Rezept, das bisher immer geklappt hat. (Andrej Ivanji aus Belgrad, DER STANDARD, Printausgabe 23.12.2009)