Georg Salcher über das Steuerzuckerl Freibetrag für investierte Gewinne, "das Unternehmen immer noch nicht ausreichend ausnutzen", und über neue und alte Steuertipps.

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derStandard.at: Was ändert sich für den Bürger, die Bürgerin 2010? Was gilt es in Steuersachen zu beachten, ehe der Sektkorken am 31.12.2009 knallt?

Georg Salcher: Für den „Normalbürger" ändert sich nichts Gravierendes. Die meisten Änderungen durch die Steuerreform 2009 sind schon heuer in Kraft getreten. Hervorzuheben ist der günstigere Steuertarif. Auch bei den Kinderbetreuungskosten gab es im heurigen Jahr massive Begünstigungen für Familien. Da hätte man heuer noch Handlungsbedarf, wenn man es noch nicht ausgenützt hat.

derStandard.at: 2.300 Euro an Betreuungskosten sind pro Kind und Jahr abzugsfähig.

Salcher: Das gilt für Kinder, für die der Kinderabsetzbetrag zusteht und die am Anfang des Jahres das zehnte Lebensjahr noch nicht überschritten haben. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, dass man sich vom Arbeitgeber 500 Euro an solchen Betreuungskosten bezahlen lassen kann. Das ist eine Win-Win-Situation, weil lohnsteuer- und lohnnebenkostenfrei. Man kann damit als Arbeitgeber wirklich einem Dienstnehmer etwas Gutes tun und sich selbst auch, denn würde das als Bruttobezug ausbezahlt, wäre der Aufwand nahezu doppelt so hoch.

derStandard.at: Was gilt es bei den außergewöhnlichen Belastungen zu beachten?

Salcher: Grundsätzlich muss man das Zufluss-Abflussprinzip beachten. Ich kann diese außergewöhnlichen Belastungen nur dann geltend machen, wenn ich tatsächlich die Zahlung noch im heurigen Jahr vornehme: Sowohl bei den Werbungskosten, als auch bei den Sonderausgaben und bei den außergewöhnlichen Belastungen.

derStandard.at: Würde ich mir von meinem Zahnarzt jetzt noch mein Gebiss richten lassen, müsste ich das also am besten sofort bezahlen.

Salcher: Bei Arztkosten, Zahnregulierungen oder ähnlichen Sanierungsmaßnahmen sollte man überhaupt danach trachten, dass man das in einem Jahr kumulieren lässt. Denn es gibt einen Selbstbehalt, der liegt ungefähr in der Größenordnung von zehn Prozent des Einkommens. Kommt man darüber nicht hinaus, verpuffen diese Ausgaben in steuerlicher Hinsicht. Da ist auf jeden Fall Planung angesagt und vielleicht in einem Jahr die Zahnsanierung, der Brillenkauf und vielleicht noch die Anschaffung der Zahnspange für die Kinder sinnvoll.

derStandard.at: Ein großes Thema war auch die Absetzbarkeit der Spenden.

Salcher: Die Absetzung als Sonderausgabe ist heuer neu. Will man das in Anspruch nehmen, muss man darauf achten, wenn man zu Weihnachten ein weiches Herz bekommt, dass man auch wirklich an eine spendenbegünstigte Organisation spendet. Tipp: auf jeden Fall den Einzahlungsbeleg aufheben.

derStandard.at: Was nicht oft genug gesagt werden kann: Wenn man die Frist für die Arbeitnehmerveranlagung versäumt, schenkt man dem Finanzminister Geld.

Salcher: Die Frist für die Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung beträgt fünf Jahre. Heuer läuft etwa die Frist für die Geltendmachung für den Arbeitnehmer für 2004 aus. Wenn man den Antrag bis 31.12.2009 nicht gestellt hat, ist es zu spät. Wer übrigens einen professionellen Steuerberater in Anspruch nimmt: Die Kosten dafür sind zu 100 Prozent absetzbar.

derStandard.at: Haben Sie sonst noch einen Ratschlag für Arbeitnehmer?

Salcher: Vielleicht empfiehlt es sich, mit dem Dienstgeber anstelle einer Gehaltserhöhung im nächsten Jahr eine Ausbildung oder Fortbildungsmaßnahme zu vereinbaren. Auch das ist eine Win-Win-Situation, wenn der Arbeitnehmer im eigenen und durchaus auch im Interesse des Betriebes eine Ausbildung absolviert. Wenn mir der Arbeitgeber - sagen wir - eine Gehaltserhöhung von 2.000 Euro zugesteht, muss er Lohnnebenkosten und der Arbeitnehmer Lohnsteuer bezahlen. Wenn das ohne Lohn- oder Gehaltserhöhung über die Bühne geht und der Arbeitgeber die Ausbildungskosten übernimmt, kann er das absetzen, dem Dienstnehmer kostet es nichts. In der Regel werden Ausbildungen, die vom Arbeitgeber bezahlt werden, wenn sie auch nur annähernd im betrieblichen Interesse sind, von der Finanz anerkannt. Für Sprach-Kurse zum Beispiel wird der Arbeitgeber wohl regelmäßig ein betriebliches Interesse dokumentieren können.

derStandard.at: Wie sieht es für Freiberufler und Gewerbetreibende aus?

Salcher: Dort ist natürlich das größere Potenzial. Der halbwegs gut gestellte Angestellte ist ja eigentlich die Melkkuh der Nation. Der kommt aus der Steuerfalle praktisch nicht heraus. Die Möglichkeiten, Steuer zu sparen, sind hier sehr gering. Wo Gestaltungsspielraum besteht, ist im Bereich der Unternehmen. Da kann man vor allem auf ein großes Steuerzuckerl hinweisen, das Unternehmen immer noch nicht ausreichend ausnutzen. Das ist der Freibetrag für investierte Gewinne. Es besteht hier die Möglichkeit, zehn Prozent des Gewinnes steuerfrei zu stellen. Wenn man mehr als eine Million Euro Gewinn macht, dann endet dieser Vorteil, aber davon sind relativ wenige betroffen. Bis zu 100.000 Euro kann ich steuerfrei stellen.

derStandard.at: Was muss ich tun?

Salcher: Ich muss mir spätestens jetzt klar darüber werden, wie hoch mein voraussichtlicher Gewinn 2009 sein wird. Nehmen wir an, das wären 100.000 Euro, dann kann ich 10.000 Euro davon steuerfrei stellen. Entweder man erwirbt um diese 10.000 Euro bestimmte Wertpapiere (meistens keine hochverzinslichen, keine hochriskanten), die man dann vier Jahre lang behalten muss. Es geht in diesem Fall nicht unbedingt um die Rendite dieser Papiere. Die Rendite besteht bei einem gut verdienenden Unternehmer darin, dass man fünfzig Prozent vom Finanzminister bekommt, weil man fünfzig Prozent Steuer spart. Die zweite Möglichkeit ist, dass man in Betriebsvermögen investiert, dass man Maschinen oder Geräte im Ausmaß dieser zehn Prozent des Gewinnes erwirbt, die dann auch mindestens vier Jahre dem Betrieb zur Verfügung stehen müssen. Das bezieht sich derzeit nur auf Einnahmen-Ausgabenrechner.

derStandard.at: Hier steht eine Änderung im kommenden Jahr an.

Salcher: Dieser Freibetrag für investierte Gewinne wurde durch die Steuerreform 2009 quasi umgemodelt zu einem so genannten Gewinnfreibetrag, der ab 2010 dann allen Unternehmern zur Verfügung stehen wird. Er wurde somit in zweifacher Hinsicht ausgeweitet. Er steht nicht nur den Einnahmen-Ausgabenrechnern zur Verfügung, sondern auch jenen Unternehmern, die bilanzieren. Und die Notwendigkeit, dass man investiert - in Anlagegüter oder in Wertpapiere - die entfällt für einen Grundfreibetrag bis zu 30.000 Euro. Außerdem wird er von zehn Prozent auf 13 Prozent des Gewinnes erhöht. Wichtig: Das gilt alles nur für natürliche Personen, nicht für Kapitalgesellschaften.

-> Blättern Sie weiter: Neuerungen bei der Umsatzsteuer

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derStandard.at: Einige Neuerungen gibt es 2010 auch bei der Umsatzsteuer.

Salcher: Mit 1.1. 2010 tritt eine Anpassung an die EU-Umsatzsteuerrichtlinie in Kraft. Da gibt es ein neues Regime, wo das Business-to-Business und Business-to-Consumer-System noch verschärft herausgearbeitet wird: Das Unternehmerort-Prinzip und Empfängerort-Prinzip. Das bedeutet für Unternehmer, dass fast alle Dienstleistungen, die grenzüberschreitend erbracht werden, dort steuerpflichtig sind, wo der Empfänger der Leistung sein Unternehmen betreibt. Die Überlegung dahinter ist, dass man dort besteuert, wo der Fiskus das besser kontrollieren kann. Was damit verbunden ist - das ist das wirklich Neue - dass man grenzüberschreitende Dienstleistungen auch in eine monatliche Meldung hineinschreiben muss.

derStandard.at: Sie sprechen von der so genannten Zusammenfassenden Meldung.

Salcher: Die gab es bisher nur für innergemeinschaftliche Lieferungen. Wenn man eine Ware von Österreich nach Deutschland exportiert hat, war das in Österreich nicht umsatzsteuerpflichtig, sondern steuerfrei. Man musste eine Meldung machen, der österreichische Unternehmer liefert zum Beispiel an den deutschen Unternehmer eine Lieferung von 10.000 Christbaumkugeln. Der Empfänger in Deutschland musste die Lieferung versteuern, für den österreichischen Lieferanten war das steuerfrei. Dieses Prinzip wird jetzt auch auf Dienstleistungen ausgeweitet. Ich muss also melden, dass ich für einen deutschen Unternehmer eine Beratungsdienstleistung in Österreich erbracht habe. Das ist in Deutschland umsatzsteuerpflichtig. Damit der deutsche Fiskus das nachvollziehen kann, muss ich das in die Zusammenfassende Meldung mit aufnehmen, ebenfalls mit der Angabe der UID-Nummer des deutschen Leistungsempfängers.

derStandard.at: Wenn ich das nicht mache?

Salcher: Dann kann man mit durchaus empfindlichen Strafen und Verspätungszuschlägen belegt werden. Die Beträge können bei bis zu 2.200 Euro liegen und immer wieder kumulativ verhängt werden.

derStandard.at: Die Änderung bedeutet für den einen oder anderen wohl auch eine Umstellung in der Buchhaltungssoftware?

Salcher: So ist es. Die Buchhaltungssoftware muss entsprechend adaptiert werden. Zum zweiten gibt es auch die Problematik, dass diese Zusammenfassende Meldung ab Jahreswechsel früher abgegeben werden muss. In der Vergangenheit konnte man das parallel mit der Umsatzsteuervoranmeldung machen, und zwar am 15. des zweitfolgenden Monats. Jetzt muss die Zusammenfassende Meldung schon am Ende des Folgemonats abgegeben werden, während die Deadline für die Umsatzsteuervoranmeldung gleich geblieben ist.

derStandard.at: Welche Folgen hat eine nicht korrekte Durchführung?

Salcher: Wenn man diese Meldungen nicht richtig durchführt, kommt es zwangsläufig zu Differenzen wenn man sich anschaut, was der ausländische Unternehmer an Reverse-Charge-Leistungen meldet und was der österreichische Unternehmer meldet. Das kommt einem Schrei nach einer Finanz-Prüfung gleich. Man muss natürlich auch darauf achten, dass man den neuen Bestimmungen entsprechend die Umsatzsteuer korrekt zum Ausweis bringt, weil es ansonsten zu einer doppelten Umsatzsteuerschuld kommen kann.

->Blättern Sie weiter: Vorsteuerrückerstattung neu

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derStandard.at: Das System der Vorsteuerrückerstattung ist ebenfalls neu.

Salcher: Wenn österreichische Unternehmer im Ausland Umsatzsteuer bezahlt haben, die sie dort zurückfordern können - zum Beispiel bei Hotelrechnungen in Deutschland - mussten sie bisher immer einen Antrag in Deutschland auf Rückerstattung stellen. Die österreichischen Unternehmer stellen ab 1.1. 2010 ihre Anträge in Österreich. Wenn die Frist auf Rückerstattung überschritten wird, besteht sogar ein Anspruch auf Verzinsung.

derStandard.at: Das betrifft alle EU-Staaten?

Salcher: Ja, für Drittstaaten bleibt im Wesentlichen alles beim Alten.

derStandard.at: Aufpoliert wurde auch die Regelung für die nicht entnommenen Gewinne.

Salcher: Für Bilanzersteller, die Gewinne im Unternehmen belassen haben, galt bisher bis zu einem nicht entnommenen Betrag von 100.000 Euro ein begünstigter Steuersatz - und zwar in der halben Höhe. Verpflichtung war, dass die Gewinne sieben Jahre im Unternehmen belassen wurden. Diese Möglichkeit ist mit 2009 ausgelaufen. Heuer gibt es folgendes Angebot des Finanzministers für diese Unternehmer: Ihr könnt die siebenjährige Frist vergessen, ihr braucht also dieses Kapital nicht im Unternehmen belassen, sondern könnt es rausnehmen. Die Nachversteuerung ist nicht die restliche Steuer, die ihr euch damals erspart habt, sondern eine Flat-Tax von zehn Prozent. Das ist nur heuer möglich.

derStandard.at: Was zur Konjunkturbelebung für 2009 und 2010 eingeführt wurde, ist die vorzeitige Abschreibung. Wie sieht die konkret aus?

Salcher: Wenn Wirtschaftsgüter seit dem 1.1. 2009 angeschafft werden, kann ich heuer oder im nächsten Jahr eine vorzeitige Abschreibung von 30 Prozent geltend machen. Angenommen ich kaufe eine Maschine mit einer zehnjährigen Nutzungsdauer, würde ich mit der steuerlichen Sonderregelung heuer eine Abschreibung von 30 anstelle der sonst üblichen zehn Prozent geltend machen. Diese Wirtschaftsgüter kann ich parallel auch im Rahmen eines Freibetrages für investierte Gewinne nutzen.

derStandard.at: Die Bilanzsteuerrechtsreform ist noch in Schwebe. Was ist da zu erwarten?

Salcher: Das Rechnungslegungsrechtsänderungsgesetz wurde kürzlich im Parlament beschlossen. Was es vorsieht, ist unter anderem eine ganz wesentliche Änderung, nämlich die Erhöhung der Grenze, ab welcher die Pflicht zur Erstellung eines Jahresabschlusses besteht. Derzeit liegt sie bei 400.000 Euro Umsatz pro Jahr. Diese Grenze ist jetzt auf 700.000 Euro pro Jahr angehoben worden.

derStandard.at: Was vielleicht auch noch einmal erwähnenswert ist, sind die Änderungen bei den freien Dienstnehmern.

Salcher: Ab 1.1. 2010 werden Vergütungen an freie Dienstnehmer kommunalsteuer- und dienstgeberbeitragspflichtig. Das ist auch eine gravierende Änderung und eine Verteuerung der Dienstleistung dieser freien Dienstnehmer. Davon unabhängig: Das Kilometergeld, das im Sommer 2008 in Anbetracht der gestiegenen Treibstoffpreise befristet auf 0,42 Cent/Kilometer erhöht wurde, ebenso wie die erhöhte Pendlerpauschale wurden bis Ende 2010 verlängert.

derStandard.at: Ein Tipp noch zum Jahresende?

Salcher: Ja, da habe ich einen: Im Zusammenhang mit dem Unternehmensgesetzbuch sind die Personenerwerbsgesellschaften weggefallen. Seit 2006 kann man keine KEG oder OEG mehr gründen. Alle jene KEGs oder OEGs, die noch in der Gegend herumschwirren, müssten korrekterweise ihren Rechtformzusatz auf KG un OG ändern. Die Frist innerhalb derer dieser Zusatz geändert werden muss, endet mit Ende 2009. Die entsprechende Gerichtsgebühr kommt normalerweise auf ungefähr 50 Euro, die beglaubigten Unterschriften aller Gesellschafter schlagen sich oft mit mehreren hundert Euro zu Buche. Wer diesen Antrag noch bis zum Jahresende 2009 einbringt, kann all das vollkommen gebührenfrei machen. (Regina Bruckner)