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Mikl-Leitner: "Nur wer seine eigene Identität kennt, braucht sich vor einer fremden Identität nicht zu fürchten."

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Zur Person: Johanna Mikl-Leitner (45) ist seit 2003 ÖVP-Landesrätin in Niederösterreich.

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"Kein Punkt und kein Beistrich" sollen am Kindergartengesetz geändert werden, sagt Johanna Mikl-Leitner. Die niederösterreichische Familienlandesrätin (ÖVP) sieht sich durch die Klage eine Vaters (derStandard.at berichtete) noch lange nicht dazu veranlasst, die Kreuze aus den Kindergärten zu entfernen. Österreich sei ein traditionell christliches Land und derartige Werte wolle sie auch vermitteln, so Mikl-Leitner im Interview mit derStandard.at

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derStandard.at: Ein Vater hat angekündigt, Klage einbringen zu wollen, weil im Kindergarten seines Kindes ein Kreuz hängt. Sie haben gesagt: "In Niederösterreichs Kindergärten wird es weiterhin Kreuze geben". Wieso sind Sie sich da so sicher?

Mikl-Leitner: Dieser Vater argumentiert, dass er sich in seinen Rechten bei der Erziehung eingeschränkt fühlt. Da hab ich überhaupt kein Verständnis dafür. Der Kindergarten ist ja nur eine Ergänzung und eine Unterstützung für die Familien. Die Hauptverantwortung bleibt bei den Eltern. Wenn diesen Vater die Kreuze in den Kindergärten stören, müssten ihn Kirchtürme oder verschleierte Frauen auch stören. Österreich ist ein traditionell christliches Land und derartige Werte wollen wir auch im Kindergarten vermitteln. Werte wie ein friedliches Miteinander, Achtung vor dem anderen. Das hat noch nie jemandem geschadet, sondern diese Werte geben Orientierung.

derStandard.at: Glauben Sie nicht, dass andere Eltern ähnlich denken?

Mikl-Leitner: Meine Mitarbeiterinnen sind gerade gekommen mit den dutzenden von Mails, die wir an positiven Reaktionen erhalten haben. Es war nur eine negative Rückmeldung dabei. Die meisten haben mir dazu gratuliert, dass ich den Mut hatte, hier einmal zu sagen, dass Tradition einfach wichtig ist.

Nur wer seine eigene Identität kennt, braucht sich vor einer fremden Identität nicht zu fürchten. Es hat auch das Erntedankfest noch keinem Kind geschadet, wenn man danke dafür sagt, dass man keinen Hunger leiden muss. Das sind Selbstverständlichkeiten, die man einem Kind beibringen sollte. Sonst würde man den Kindern etwas vorenthalten.

derStandard.at: Haben Sie keine Angst, dass sich Menschen mit anderem Glauben benachteiligt fühlen?

Mikl-Leitner: Niederösterreich ist vorbildhaft was das Interkulturelle betrifft. Wir haben schon vor Jahren begonnen, interkulturelle Mitarbeiter anzustellen. Sie werden dort, wo wir einen hohen Anteil an Kindern mit nicht-deutscher Muttersprache haben, eingesetzt und erfüllen eine Art Brückenfunktion als Vermittler zwischen den Kulturen und Religionen. Für uns ist es selbstverständlich, dass wir auch die Feste von Kindern feiern, die anderen Glaubens sind.

derStandard.at: Was machen Sie, wenn der Verfassungsgerichtshof anders entscheidet? Wollen Sie trotzdem die Kreuze hängen lassen?

Mikl-Leitner: Das warte ich ab. Aber ich sage Ihnen, die Bevölkerung draußen vor Ort sagt mir anderes als derzeit der Europäische Menschengerichtshof. Und ich bin überzeugt, dass das auch noch aufgehoben wird.

derStandard.at: Aber angenommen der Verfassungsgerichtshof entscheidet, die Kreuze dürfen nicht mehr hängen ...

Mikl-Leitner: ... dann werden wir später diskutieren. Vorher werden am Kindergartengesetz kein Punkt und kein Beistrich geändert. Sicherlich nicht. Hier habe ich die Mehrheit der Bevölkerung auf meiner Seite. (Rosa Winkler-Hermaden, derStandard.at, 21.12.2009)