Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: APA/Carmen Jaspersen

Bochum - Wenn der Partner seinen Beitrag zur Beziehung ständig überschätzt oder die Partnerin meint, für ihren Einsatz bekäme sie zu wenig zurück, sollte das Warnsignal sein, so Bochumer Sozialpsychologen um Werner Bierhoff. Eine verzerrte Selbstwahrnehmung deute nämlich möglicherweise auf Narzissmus hin - im engeren Sinn eine auffällige Selbstverliebtheit. Die Folgen wären nicht zu unterschätzen, können solche Beziehungen doch eine ausbeuterische Tendenz haben.

In drei aktuellen Studien an der Ruhr-Universität Bochum geht es um klinisch unauffälligen "normalen" Narzissmus. Nach Angaben der Universität breitet sich die sogenannte narzisstische Persönlichkeitsstörung weltweit wie ein Virus aus.

Studiendesign

In die erste Studie bezogen die  Psychologen rund 250 Studierende im Alter von rund 25 Jahren ein. Alle lebten seit etwa 42 Monaten in einer festen Beziehung teils im eigenen Haushalt. In einer weiteren Studie wurde das gesunde Selbstbewusstsein extra erfasst, um es als möglichen Einflussfaktor ausklammern zu können. Schließlich nahmen an der dritten Studie rund 50 Elternpaare von Studierenden teil, die im Schnitt 51 Jahre alt und 26 Jahre verheiratet waren.

Das Team um Bierhoff erfasste mit dem Narzisstischen Persönlichkeitsinventar (NPI) zunächst die individuelle Ausprägung des Narzissmus. Schließlich beurteilten die Paare jeweils die eigene Attraktivität und die des Partners: Dabei ging es um die Wahrnehmung der äußeren Erscheinung, um Statusfragen wie Bildung und Einkommen oder auch um die Anziehungskraft der Partner.

Ergebnisse

Deutlich erhöhte Werte für Narzissmus traten bei etwa einem Fünftel der befragten Studierenden auf. Damit wird zugleich eine US-amerikanische Studie bestätigt, in der schon 1986 jeder siebente Studierende erhöhte Werte erreichte, die bis zum Abschluss der Untersuchung im Jahr 2006 kontinuierlich anstiegen, so die Universität.

Welche Konsequenzen Narzissmus für die Partnerschaft hat, zeigten nun die Bochumer Untersuchungen: Je narzisstischer die befragte Person, umso mehr überschätzt sie die eigene Attraktivität und damit zugleich die eigenen Beiträge zur Partnerschaft. Die verzerrte Selbstwahrnehmung äußert sich darin, dass Narzissten die Leistung des Partners geringer einschätzen als die eigene und kaum würdigen. Die narzisstische Person übt in der Beziehung ständig Druck auf ihren Partner aus.

Bei den Elternpaaren fielen die Antworten zwar weniger narzisstisch aus, doch auch bei ihnen war der Narzissmus mit einer höheren Bewertung der eigenen Beiträge verbunden. Zudem zeigte sich hier ein interessantes Phänomen: Die eigene Überschätzung eines Elternteils ging mit einer geringeren Selbsteinschätzung beim anderen Elternteil einher. Diese komplementären Urteile führten letztlich zu einer übereinstimmenden Bewertung beider Partner. Hinsichtlich der Geschlechter hatten sich übrigens keine Unterschiede gezeigt, weder bei den Studierenden noch bei den Elternpaaren. (red)