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Lange Zeit wollte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Carstensen (CDU) Merkels Pläne nicht verstehen. Erst als er Geld bekam, gelang es.

Foto: Reuters/Thomas Peter

Doch die Zustimmung zu Steuererleichterungen für Familien, Erben und Firmen musste Kanzlerin Merkel den Ländern erst abkaufen.

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Wien/Berlin - Am Freitagvormittag konnte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel endgültig aufatmen. Nach wochenlangem Streit winkte der Bundesrat in Berlin dann doch jenes Steuerpaket durch, das vielen Deutschen ab 2010 Entlastungen - Gesamthöhe insgesamt 8,5 Milliarden Euro jährlich - bringen soll. Damit hat die schwarz-gelbe Regierung nach zwei Monaten Amtszeit ihr erstes wichtiges Vorhaben geschafft - allerdings musste sie dafür einen nicht unbeträchtlichen Preis zahlen.

Das Ja der Länderkammer war bis in die Nacht zum Freitag nicht fix gewesen. Denn Merkels Steuererleichterungen für Unternehmer, Familien und Erben sind auch in der CDU selbst äußerst umstritten. "Mehr netto vom Brutto" , hatte zwar der Wahlslogan von Union und FDP gelautet. Doch viele CDU-Ministerpräsidenten hatten dann doch Sorge wegen der zu erwartenden Einnahmenausfälle. Besonders heftig war der Widerstand im schwarz-gelben Schleswig-Holstein gewesen. Dort drohte Ministerpräsident Peter-Harry Carstensen (CDU) unverhohlen mit seinem Veto, sollte es nicht Kompensationszahlungen vom Bund geben. Sein Nein jedoch hätte Merkels ganzes Paket zu Fall gebracht.

Kieler Widerstand lohnt sich

"Das Kämpfen und der Widerstand haben sich gelohnt" , zeigte sich Carstensen nach der Abstimmung, bei der er dann doch mit Ja votiert hatte, zufrieden. Denn um Schleswig-Holstein und das auch sehr skeptische, ebenfalls schwarz-gelb regierte Sachsen umzustimmen, hatte Merkel in die eigene Tasche greifen müssen.

Der Bund wird den Ländern bei der Finanzierung von Leistungen für Langzeitarbeitslose unter die Arme greifen und außerdem auch Ausgaben für Bildung übernehmen. Somit können Familien, Unternehmer, Erben und Hoteliers ab 1. Jänner 2010 mit mehr Geld rechnen. Der Kinderfreibetrag steigt von 6024 auf 7008 Euro, das Kindergeld (Familienbeihilfe) wird von 164 auf 184 Euro erhöht. Für Übernachtungen in Hotels gilt im neuen Jahr der reduzierte Mehrwertsteuersatz (sieben Prozent), nicht mehr der allgemeine (19 Prozent). Bei Erbschaften werden Geschwister, Nichten und Neffen entlastet, ebenso Firmenerben.

Die SPD-regierten Länder lehnten das Paket ab. Erwin Sellering (SPD), Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, bezeichnet es als "vergiftetes Geschenk" , da dafür neue Schulden aufgenommen werden müssen.

Erst am Mittwoch hatte Merkels Kabinett den Haushaltsentwurf 2010 gebilligt. Dieser sieht eine Rekord-Neuverschuldung von 85,8 Milliarden Euro vor. Wie die deutschen Finanzen danach wieder in Ordnung gebracht werden sollen, ist jedoch völlig offen. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer strebt Schwarz-Gelb nicht an. (bau/DER STANDARD, Printausgabe, 19.12.2009)