Wien - Wie belastend die Arbeitsbedingungen im Spital sind, belegt erstmals eine Studie der Medizinischen Universität Innsbruck. Vor allem für ältere Spitalsärztinnen und -ärzte ist der Schichtbetrieb körperlich und psychisch belastend. Daher will die Bundeskurie Angestellte Ärzte diese in Zukunft verstärkt schützen - durch beschränkte Arbeitszeiten und ein dem Alter entsprechendes Arbeitsmodell.

Neue Arbeitsmodelle gefordert

Die Forderung im Detail erklärte der Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) und Obmann der Bundeskurie Angestellte Ärzte, Harald Mayer in einer Aussendung: "Wir sprechen uns für eine Beschränkung der wöchentlichen Arbeitszeit sowie der Dienstdauer von Spitalsärzten ab 50 Jahren aus. Sie sollen im Schnitt nicht mehr als 48 Stunden pro Woche arbeiten und nur Dienste mit einer Maximaldauer von bis zu 25 Stunden leisten dürfen." Dies solle verhindern, dass ältere Spitalsärztinnen und -ärzte ausbrennen oder durch massive Erkrankungen, wie Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen oder Schlaganfälle, ausfallen. Im Spitalsalltag ist eine Wochenarbeitszeit zwischen 60 und 72 Stunden oft nichts Ungewöhnliches.

Studie zeigt: Schichtbetrieb geht ans Herz

Zahlen einer aktuellen Studie der Medizinischen Universität Innsbruck untermauern die Forderungen der Bundeskurie. Wichtige Erkenntnis: Journaldienste erhöhen eindeutig das Herzinfarktrisiko. Die Nachtdienste gehen mit enormem Stress, Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen einher. Auch während der Ruhephasen gelingt keine Entspannung, da der Körper sich während des ganzen Dienstes in Alarmbereitschaft befindet. Hinzu kommt, dass das Erkrankungsrisiko mit der Anzahl der Berufsjahre, die Schichtdienste beinhalten, steigt.

Jene Ärztinnen und Ärzte, die schon mehrere Jahre Nachtdienste leisten, zeigten ein höheres Herzinfarktrisiko als jene, die erst wenige Jahre Nachtdienste absolvierten. Die Autoren der Studie, Markus Rauchenzauner und Florian Ernst, untersuchten unter der Leitung von Michael Joannidis, an der Innsbrucker Klinik die Herz-Kreislauf-Belastung für Ärztinnen und Ärzte während des Journaldienstes mit einer 24-stündigen Rufbereitschaft. Das heißt, dass sich die Mediziner zwar in Schlafräumlichkeiten zurückziehen konnten, jedoch bei Notfällen geweckt wurden. "Die Ergebnisse der Studie sind revolutionär und weisen erstmalig ein erhöhtes Herzinfarktrisiko der Ärztinnen und Ärzte während des Journaldienstes nach", so Studienleiter Joannidis.

In ständiger Alarmbereitschaft

Der Körper der Untersuchten befand sich während des gesamten Dienstes in "Alarmbereitschaft". Die Risikofaktoren waren nicht nur im Falle eines Notrufs erhöht, sondern blieben während der gesamten Schicht gesteigert. Weiters zeigte sich eine Verbindung zwischen der Dienstdauer und der kardiologischen Belastung. Für die Testreihe stellten sich 30 Medizinerinnen und Mediziner der Uniklinik Innsbruck zur Verfügung. Tragbare Messgeräte dokumentierten 24 Stunden lang Herztätigkeit, Blutdruck, Stresshormone, Harn und Blut. Die Probanden wurden pro Nacht drei- bis fünfmal geweckt, daher fielen die Schlafphasen kürzer aus.

Drohender Ärztemangel

Die Innsbrucker Studie ist noch vor einem anderen Hintergrund interessant: Die Fachärzte im Spital sind im Durchschnitt 48 Jahre alt. Rund 5.000 der insgesamt knapp 16.400 Ärztinnen und Ärzte sind über 50 Jahre alt, das ist mehr als ein Drittel; 14 Prozent sind älter als 55, sechs Prozent älter als 60. In den nächsten zehn Jahren werden rund 3.000 Spitalsärztinnen und -ärzte in Pension gehen. Befürchtet wird daher ein künftiger Spitalsärztemangel. (red)