Auf dem Spuren des "Toy Trains" nahe Darjeeling.

Foto: Uwe

Die Radreise ist vorüber, die Erinnerungen bleiben.

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Wozu tue ich mir das Ganze eigentlich an? Diese Frage drängte sich dem Radreisenden des Öfteren auf, die Antwort folgte stehts auf dem Fuße. Nur in Indien gab es plötzlich Momente, wo sie einfach ausblieb. Dabei ist dieses Land so schön und groß, so bunt und anders. Für eine Reise kann ich es dringend empfehlen, zum Radfahren taugt es nur bedingt. Zumindest die Strecke sollte man sich genau aussuchen.

Bihar. Der ärmste Bundesstaat Indiens

Das schönste Motiv auf der Strecke in Bihar.
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Endlose Felder. Fade Erdfarben. Alles verschwindet nach ein paar hundert Metern im Dunst. Kein Mensch spricht Englisch. Bleibt man irgendwo in einem Dorf stehen, wird man unweigerlich sofort von einer Menschentraube belagert.

Jeder starrt, keiner spricht. Im besten Fall fühlt man sich wie ein Zootier, ansonsten wie ein Außerirdischer. Das Essen an der Straße ist hervorragend und so unvorstellbar billig, doch unter den Blicken von 30 Leuten (und es werden immer mehr!) kann ich es nicht so recht genießen. "Wozu?" frage ich mich und steige in den Zug nach Darjeeling. "Who is the god of Germany?" und andere lustige Fragen werden mir gestellt.

Ja, im Zug da kommt man plötzlich mit Leuten ins Gespräch, ob jung oder alt. Diese Frage stammt von einem Achtjährigen. Die Älteren interessieren sich mehr für den Preis meines Fahrrads – und vieles mehr. Nirgends lernen sich Inder und Europäer – Mensch und Mensch – besser kennen als in Indiens Zügen.

Im Zug kommt man sich näher.
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West Bengalen

Hier ging es steil bergauf – vor allem auf der langen Abfahrt von Darjeeling hinunter in die Ebene, immer auf den Spuren des berühmten "Toy Trains".

Die nächsten zwei Tage waren voller Dschungel, Affen, Elefanten, Teeplantagen und riesigen Flusstälern, aufregend und abwechslungsreich. Indien präsentiert sich von seiner schönsten Seite, ein Paradies für Radfahrer. Es finden sich Menschen, die Englisch sprechen und sogar einer (namens Krishna), der mich auf einen Rundgang durch sein Dorf und in sein Heim einlädt. Der Besuch war wie aus dem Bilderbuch: Kleine Hütte, Stromausfall, Fotos von anderen Freunden aus aller Welt, die Mama macht Tee und stellt Fragen: "Wie alt, wie viele Geschwister, verheiratet oder nicht, wie viele Kinder?", zum Abschluss Fotos von mir und von uns beiden – zur Erinnerung und zum Herzeigen für den nächsten Gast. Wie schön! Wenn es nur so weitergehen könnte.

Endlose Teeplantagen in West Bengalen.
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Assam

Wieder: Endlose Reisfelder – das Auge sucht vergebens nach Abwechslung. Die Straße eine einzige Baustelle. LKWs, Staub und Ruß – am Abend erschrecke ich bei meinem Anblick im Spiegel. Wie zum Geier konnten die mich ins Hotel lassen, so wie ich aussehe? Unter all dem Dreck ist mein Gesicht kaum noch zu erkennen. "Wozu?" frage ich mich am nächsten Tag unterwegs, stoppe den nächstbesten Bus und steige mit meinem Fahrrad aufs Dach, denn drinnen ist jeder Kubikzentimeter schon mit Mensch gefüllt. Busfahren in Indien ist wie Radfahren in Indien – zumindest auf dem Dach: Man sieht genauso viel, ist den Elementen genauso ausgesetzt und kommt auch nicht schneller vorwärts. Auf dem Fahrrad ist es vielleicht einen Tick bequemer. Ich fahre bis Guwahati, von hier aus ist es nicht mehr weit zum Ziel. Und es kann nur noch besser werden.

Meghalaya

Der Weg nach Shillong führte mich dann noch einmal steil bergauf – dieses Mal in jeder Hinsicht. 110 Kilometer, über 1.400 Höhenmeter. Der Hotelrezeptionist meinte: "Oh no. You can't do this with the cycle!". Traumhafte Vegetation, wunderschöne Ausblicke, nette Begegnungen. Mein letzter Radreisetag wird mir doch noch als einer der schönsten in Erinnerung bleiben.

Damit ist Wonderbirds Radreise vorüber. Sie war lang und abwechslungsreich. Viel ist passiert und vieles wird uns ein Leben lang in Erinnerung bleiben. Die nächsten Tage werde ich dem Projekt von Licht für die Welt widmen, um demnächst auf der Wonderbird-Website davon zu berichten. An dieser Stelle heißt es jedoch: Auf Wiedersehen! (Uwe)