Die burgenländische SPÖ hat, was ihren Antrag zur Verfassungsreform betrifft, in so ziemlich allem recht. Weil sie aber gleichzeitig in so ziemlich allem unrecht hat, eignet sie sich hervorragend zur Beschreibung der österreichischen Politik im Allgemeinen. Denn nur wahre Simplicii simplicissimi könnten annehmen, Hans Niessl und seinen Freunden wäre es mit dem Antrag auf Abschaffung des Proporzes und all seiner nachgeschalteten Popanzen wirklich ernst gewesen. Wäre es das nämlich, hätte er 2005, am Beginn der Legislaturperiode, mit den diesbezüglichen Verhandlungen begonnen.

Verfassungsreformen sind langwierige, mit großer Ernsthaftigkeit in die Wege zu leitende Prozesse. Sie hochzuziehen, um so den schwarzen Peter für Neuwahlen weiterzureichen, ist jener Zynismus, mit dem man Wähler für blöd verkaufen will. Da die das aber in aller Regel nicht sind, hackt sich die Politik damit ins Knie des eigenen Standbeines. Das aber ist mehr als das Spielen von Spielchen. So setzt man das Demokratische an der Demokratie aufs Spiel.

Das gilt klarerweise auch für die ÖVP, die am pannonischen Proporz festhält wie an einer Rettungsboje. Die wäre gut beraten, nach der Landtagswahl im nächsten Mai von der SPÖ die Nagelprobe zu verlangen: dass über den Proporz, die Größe von Landesregierung und Landtag, die farblich ausgewogenen Besetzungen in den Landesgesellschaften unverzüglich weiterverhandelt wird. Auf dass das Burgenland wenigstens 2015 zur proporzfreien Zone werde. (Wolfgang Weisgram, DER STANDARD, Printausgabe, 15.12.2009)