Die Infrastruktur der Stadt ist uns so gegenwärtig, dass sie kaum jemandem bewusst auffällt. Anhand von Bildern, wie wir sie täglich sehen, werden wir in einzelnen Berichten die Infrastruktur genauer betrachten und Antworten auf die sich aufdrängenden Fragen finden. Teil 2 beschreibt die rauchlosen Rauchfänge Wiens.

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Foto: Wolf-Dieter Grabner

Wenn man die Gelegenheit hat, einmal über die Dächer Wiens zu schauen, fällt auf, dass aus vielen Kaminen kein Rauch aufsteigt, während es früher oft sogar Ruß regnete, wenn in der Früh die Öfen angeworfen wurden. Hans Bottoli ist Rauchfangkehrermeister in Wien Simmering. Er weiß, warum es aus einigen Kaminen nicht qualmt: „Heizt man mit Fernwärme gibt es keinen Hausbrand und auch bei Gasfeuerungsanlagen steigt kein Rauch auf. Da kann man, je nach Wetter, vielleicht etwas Wasserdampf sehen, der an der kalten Luft kondensiert. Rauch sieht man eigentlich nur in der Anheizphase von Feststoffen.“

Pelletofen zusätzlich zur Fernwärme

In den letzten Jahren haben viele Gemeindebauten und Genossenschaftsbauten auf Fernwärme umgestellt, etwa jede dritte Wohnung ist bereits an die Fernwärme angebunden. Wer so heizt, braucht im Grunde – also abseits des Gesetzes, das einen vorschreibt – keinen Rauchfang. Doch Bottoli weiß, dass in Häusern mit Fernwärme dann doch viele Kamine genutzt werden, weil „immer mehr Leute auch einen Pelletofen betreiben, der jetzt vor allem in renovierten Altbauten so in Mode ist.“

Diese Öfen verursachen aber nicht angedachte Extrakosten, auf welche der Rauchfangkehrer seine Kunden hinweist: „Wenn der Fernwärmebedarf mittels Verdampfer berechnet wird, dann zahlt man auch für den Fernwärmeverbrauch, wenn man mit dem Ofen heizt.“ Zum Schluss, dass Fernwärme zum Verschwenden verleitet, kam vor Kurzem auch ein Rohbericht des Rechnungshofs. Bottolis Kunden seien die Kosten aber ziemlich egal, „die mögen die angenehme Wärme des Pelletofens und das Feuer, welches sie durch das Sichtfenster sehen können", so der Rauchfangkehrer.

Pressspanplatten rauchen, dürfen es aber nicht

Die Pelletöfen verbrennen das Holz sehr sauber, erklärt der Simmeringer Experte, „weil trockenes, gut gelagertes Holz natürlich gut brennt“, und da gibt es im Grunde auch wenig Ablagerungen in den Kaminen. Nasses Holz raucht beim Verbrennen, und auch Pressspanplatten qualmen, „aber die darf man ohnedies nicht verfeuern.“

Pellets haben viele Freunde, weil sie als CO2-neutral gelten. Beim Verbrennen von Holz wird nur die Menge an CO2 freigesetzt, welche die Pflanze im Laufe des Lebens gespeichert hat und die auch bei der Verrottung des Holzes frei werden würde. Ganz so einfach ist die Rechnung dann aber doch nicht, weil auch bei der Erzeugung von Holzpellets CO2 emittiert wird.

Rauchfangkehrer machen Endabnahme

Wer sich einen Pelletofen zulegt, solle sich besser vor dem Kauf mit seinem Rauchfangkehrerbetrieb zusammen setzen. "Der weiß“, sagt Bottoli, „worauf zu achten ist: Rohrdurchmesser, Abstand zu brennbaren Objekten und ob man beim Kehren überall hinkommt“, weil „jedes Mal einen 200 Kilogramm schweren Ofen wegheben, ist auch kein Spaß!“ Außerdem braucht man den Rauchfangkehrer spätestens für die Endabnahme der Anlage.

Die meisten Kunden von Hans Bottoli heizen aber mit Gas – mit Gasöfen, aber auch mit Zentralanlagen. Diese seien durchaus praktisch: „Temperatur am Thermostat eingestellt, und schon wird es warm.“ Anlagen, die mit Öl betrieben werden, hat er nur wenige: „Da hab ich ein paar große Kesselanlagen und 20, vielleicht 30 Einfamilienhäuser, die mit Öl heizen, aber viel mehr wohl nicht mehr.“ Kessel, die mit Kohle befeuert werden, habe er bei seinen Kunden keine mehr.

Ethanol-Öfen

Mit den Ethanolöfen hat der Rauchfangkehrer nichts zu tun. Die kleinen Feuerkasteln, die eigentlich eher Bilder als Öfen sind, geben ja kaum Wärme ab, während das Ethanol verbrennt und für eine romantische Stimmung sorgt. Diese Ethanolöfen sind nicht an den Kamin angeschlossen, da bei der idealen Verbrennung von Ethanol nur Kohlendioxid und Wasser entsteht.

Glück und Unglück

Unbenutzte Kamine werden vom Rauchfangkehrer zumindest einmal im Jahr überprüft, benutzte werden vier Mal im Jahr gekehrt. Im Mittelalter gab es diese regelmäßigen Begehungen nicht. Als noch eine Unmenge von Rauch aus den Wiener Kaminen kam, mussten Hausbesitzer oft selbst in den Rauchfang klettern. Es gab strengste Bestrafungen bis hin zur Todesstrafe, wenn durch Verschulden des Hausbesitzers der Rußbelag im Rauchfang zu brennen begann, und damit die Gefahr einer Feuersbrunst heraufbeschworen wurde. Schon damals war es ein großes Glück, wenn rechtzeitig ein Rauchfangkehrer durch die Gasse ging und für den Hausbesitzer die Arbeit erledigte. Dieser Glücksbringer-Status hat sich bis heute erhalten.

"Inzwischen sind wir zu zwei Drittel Techniker", sagt Bottoli. Nur um Glücksbringer zu sein, brauche er keine Schulung. "Da greift sich oft wer auf einen Knopf, wenn er mich sieht, oder kommt und sagt: ,Lass di drucken, Schwarzer!', auch wenn wir heute ja kaum noch rußig sind."(glu, derStandard.at, 14.12.2009)