Jerusalem - Das israelische Kabinett hat Millionen-Investitionen für jüdische Siedlungen im Westjordanland durchgewunken. Die Minister sprachen sich am Sonntag mit 21 Ja- zu fünf Gegenstimmen dafür aus, eine Reihe jüdischer Siedlungen in dem Palästinensergebiet zu "nationalen Prioritätszonen" Israels zu erklären. Dadurch kommen diese in den Genuss staatlicher Hilfe.

Die Gesamtsumme der Hilfen für die "nationalen Prioritätszonen" beläuft sich auf umgerechnet 28 Millionen Euro, wie ein Regierungsvertreter der Nachrichtenagentur AFP sagte. In den jüdischen Siedlungen im Westjordanland sollen sie für Ausbildungsprogramme und andere Bildungs- und Kulturinitiativen genutzt werden. Konkret geht es bei den Prioritätszonen um eine Liste von Gebieten in Israel und im Westjordanland, denen der Staat bei Subventionen Vorrang einräumt. Aufgestellt hat die Liste Regierungschef Benjamin Netanyahu.

Angeblich kein Zusammenhang mit Moratorium

Ursprünglich hatten die Hilfen bereits am Morgen bewilligt werden sollen, wegen Unstimmigkeiten wurde das Votum aber um Stunden verschoben. Unter anderem hatte Verteidigungsminister und Arbeitspartei-Chef Ehud Barak einem Rundfunkbericht zufolge darauf beharrt, auch das südisraelische Ashkelon in die Liste aufzunehmen, eine Hochburg seiner Mitte-Links-Partei. Wie ein Regierungsvertreter sagte, wurde nun beschlossen, dass eine Sonderkommission binnen 30 Tagen über die Aufnahme von Ashkelon und anderer Gemeinden in die Liste entscheidet.

Der israelischen Regierung zufolge haben die geplanten Investitionen nichts mit dem auf zehn Monate befristeten Moratorium für bestimmte jüdische Siedlungsaktivitäten im Westjordanland zu tun. Das Moratorium hatte Netanyahu unter Druck der USA Ende November verkündet. Ost-Jerusalem, bereits im Bau befindliche Wohnungen und öffentliche Bauten nahm er jedoch ausdrücklich von dem Beschluss aus.

Vor dem Votum vom Sonntag sagte Finanzminister Yuval Steinitz von Netanyahus Likud-Partei im Rundfunk allerdings, die Abstimmung sei als Unterstützung für die jüdischen Siedler angesichts des Moratoriums zu verstehen. Die Europäische Union hatte sich am Freitag besorgt über die Pläne geäußert und angekündigt, mit ihren Partnern aus dem Nahost-Quartett über die Initiative zu beraten.

Netanyahu verweigert sich beharrlich Forderungen der internationalen Gemeinschaft nach einem vollständigen Stopp des Siedlungsbaus im Westjordanland. Bereits das Moratorium hatte bei den jüdischen Siedlern im Westjordanland Empörung ausgelöst. In der Nacht zum Freitag verwüsteten Siedler eine Moschee in der Ortschaft Kfar Yassuf im Norden des Westjordanlandes. Die israelische Regierung verurteilte den Vandalismus.

Instruktionen für weitere Anschläge

Der Brandanschlag mutmaßlicher jüdischer Extremisten auf eine Moschee im Westjordanland ist in Israel auf große Kritik und Empörung gestoßen. Zugleich berichteten Tageszeitungen am Sonntag über Instruktionen für weitere Anschläge, die unter gewaltbereiten Siedlern kursierten.

Verteidigungsminister Ehud Barak wies am Wochenende die Sicherheitskräfte an, die Schuldigen zu finden. Barak, der am Montag in Wien mit Bundespräsident Heinz Fischer, Bundeskanzler Werner Faymann (S), Außenminister Michael Spindelegger (V) und Verteidigungsminister Norbert Darabos (S) zusammentreffen wird, sprach von einem extremistischen Akt, der darauf abziele, alle Bemühungen zur Förderung des Friedensprozesses zu blockieren. Ministerpräsident Benjamin Netanyahu verurteilte jede Form von Gewalt von Juden gegen Palästinenser sowie von Palästinensern gegen Juden.

Der Brandanschlag war am Freitagmorgen auf die Moschee im Dorf Kfar Yussuf bei Nablus verübt worden. Die Täter zündeten einen Gebetsteppich an und legten in der Bibliothek Feuer. Nach palästinensischen Polizeiangaben gerieten dabei auch mehrere Ausgaben des Koran - das heilige Buch der Muslime - in Brand. Die Täter hinterließen an der Wand auch Hassbotschaften in Hebräisch. Eine davon lautete den Angaben zufolge: "Wir werden Euch verbrennen".

In rechten und siedlerfreundlichen Publikationen in Israel heißt es, dass die israelischen Sicherheitskräfte kaum noch Zeit für Patrouillen hätten, weil sie Inspektoren beschützen müssten, die gegen die Proteste der Siedler einen auf zehn Monate befristeten Baustopp für Wohnungen in den Siedlungen im Westjordanland durchsetzen sollten. Die "Siedler-Aktivisten" nutzten dies aus.

Polizei und Sicherheitskräfte würden mit Gewaltakten wie dem Brandanschlag beschäftigt, damit werde der Druck von den Siedlungen genommen, kommentierte die Tageszeitung "Yediot Achronot". Unter Siedlern kursierten genaue Anweisungen für Gewalttaten. Danach sollen die Täter ihre Mobiltelefone zu Hause lassen und eine Maske tragen, damit ihnen niemand auf die Spur kommt. Um den Kreis der Mitwisser klein zu halten, sollten die Gruppen unabhängig voneinander und nicht organisiert agieren. Es gebe eine gewisse Zahl von Rabbinern in Siedlungen, die Gewalt offen unterstützten, heißt es weiter.

Dagegen hat der Chefrabbiner in Israel, Jona Metzger, den Brandanschlag verurteilt. "Ich bin geschockt", sagte er. "Brennende Moscheen sind nicht unser Weg, und wir verurteilen das in jeder Beziehung." Andere Rabbiner verurteilten "den Vandalismus, der im Widerspruch zu allen Werten des Judentums steht". (APA)